Mittwoch, 29.01.2020: Familie heute

In Japan kann man sich seinen Liebsten zwar auch nicht backen, aber dafür eine Familie leihen. Eltern, Kinder oder Lebenspartner lassen sich über Agenturen für eine gewisse Zeit buchen. Halbe Hochzeitsgesellschaften werden auf diese Weise inszeniert. Menschen dort nutzen das, um den Schein zu wahren, gesellschaftlich nicht aus dem Rahmen zu fallen, sozial anerkannt zu sein. Denn in Wahrheit ist das Leben auch in Japan kompliziert. Eltern trennen sich. Mittdreißiger finden keinen Partner. Oder leben homosexuell. Wollen aber ihre alten Eltern, die weit weg leben, beruhigen. Besuchen sie deshalb mit einem bezahlten Freund oder einer bezahlten Freundin.

Mich befremdet das. Zugleich aber sehe ich, dass auch hier die klassische Kernfamilie aus Vater, Mutter und Kind oder Kindern nur noch ein Modell neben anderen ist. Das verunsichert, mich auch. Dabei bedeutet es in jedem Fall eine große Aufgabe und Verantwortung, Zusammenleben unter einem Dach gemeinsam zu gestalten. In der jüdisch-christlichen Tradition steht die Familie unter dem besonderen Schutz Gottes. Einige der zehn Gebote zeugen davon. Darin heißt es zum Beispiel, dass Vater und Mutter zu ehren sind. Oder dass man nicht Ehe brechen soll. Und doch war auch in dem großen Zeitraum, der die biblischen Schriften umfasst, das Bild der Familie keineswegs einheitlich.

Jesus selbst hat mit Eltern und Geschwistern oder Verwandtschaft überhaupt gar nichts am Hut. "Wer den Willen Gottes tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter" (Mark 3,35), sagt er. Doch Jesus war außergewöhnlich in der Art, wie er Menschen - Kindern wie Erwachsenen - begegnete: Immer verbindlich und voller Liebe. Vielleicht ist es das, woran wir Heutige uns ein Beispiel nehmen können: verbindlich und in Liebe füreinander da sein. Ob alleinerziehend, pflegend, in Lebenspartnerschaft oder verheiratet - Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen. (1. Korinther 13)


Dienstag, 28.01.2020: Hinhören!

Die Entwicklung im Digitalen beschert uns inzwischen unendlich viele Bilder, Filme und Clips. Während ich hier gerade spreche, werden bei YouTube weltweit 400 Stunden Videomaterial hochgeladen. Zugleich zeigen Analysen aber auch, dass Audio-Angebote immer beliebter werden. Die Leute wollen was auf die Ohren! Neben dem Radio gewinnen Podcasts mehr und mehr an Attraktivität. Eine medienwissenschaftliche Studie spricht gar von einer "neuen Mündlichkeit". Sie erklärt diesen Trend damit, dass unser Hörsinn endlich wieder stärker gefördert wird, um sich von den vielen visuellen Reizen zu entlasten.

Ich glaube das sofort. Denn ich liebe es: In der Küche zu stehen und einer Sendung zu lauschen. Geht schon morgens beim Brote schmieren los. Oder auch am Wochenende. Beim Kochen. Die halbe Welt hole ich mir an den Herd. Politik oder Wissenschaft. Reportagen oder Features. Im Kopf entstehen Bilder. Ich ertappe mich beim Stirnrunzeln oder Lächeln. Mancher Impuls begleitet mich noch über Wochen. Ich bin dankbar dafür, hören zu können.

Angeblich sei das Gehör jener unserer Sinne, welcher auch im Sterben noch bis zuletzt funktioniert. Vielleicht spielt das Hören auf Gottes Wort in der Bibel auch deshalb eine so große Rolle. Über vierhundert Mal wird es in den Psalmen, Geschichten und neutestamentlichen Briefen zitiert. "Wer Ohren hat zu hören, der höre!" heißt es zum Beispiel mehrfach im Matthäus-Evangelium.

Meine Lauscher sind soweit in Ordnung, aber Gottes Stimme - im Sinne einer machtvollen Durchsage - habe ich noch nie vernommen. Hin und wieder klingt sie aber in der Stille an: Draußen in der Natur, beim Lesen eines Gedichtes. Beim Beten oder Singen eines alten christlichen Liedes. Dann, wenn ich wirklich bereit bin.

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzvita Mira Körlin

Mira Körlin

Geboren am 01.10.1976 in Dresden | 1995 Abitur | 1995-1996 freiwilliges Soziales Jahr in Zwickau | 1996-2002 Studium der Germanistik, Literaturwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Ev. Theologie an der TU Dresden | 2002-2003 Pressereferentin in der Sächsischen Staatskanzlei | seit 2003 Referentin für Öffentlichkeitsarbeit für die beiden Dresdner Kirchenbezirke | verheiratet, zwei Kinder

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.