Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 12. - 17.02.2024

Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Stephan Ringeis.

Sonnabend, 17.02.2024: Gut versorgt

Früher nannte man das "sozialistische Wartegemeinschaft", wenn sich vor einem Geschäft eine längere Schlange bildete. Heutzutage kommt das selten vor. Wenn es dann doch einmal passiert, dann spüre ich, dass ich ziemlich aus der Übung bin. Vor mir stehen mehr als zwanzig Kunden, die etwas früher aufgestanden sind als ich.

Ein Bäcker ist das Objekt der Begierde, besser die dort wundervoll gebackenen und schmackhaften Brötchen am Samstagmorgen. Der Wind bläst. Es ist kalt. Ab und zu öffnet sich die Tür und ein Luftzug aus der ganz traditionell hinter dem Verkaufsraum gelegenen Backstube erreicht meine Nase. Es duftet. Mitten in der Kälte läuft mir das Wasser im Mund zusammen und ich freue mich auf das Frühstück. Trotzdem, es braucht Geduld. Ab und zu regt sich in mir sogar etwas Unmut, wenn sich vor mir weitere Personen einreihen, für die offenbar ein Nachbar einen Platz in der Reihe freigehalten hat. Ich weiß nicht, wie das geht, aber manche Leute machen das einfach. Am Samstagmorgen ist mir nicht nach Streit zumute. Ich bleibe ordentlich in der Reihe stehen und bleibe entspannt. Gern beobachte ich die Leute, die aus dem Laden kommen. Manche mit riesigen Tüten voller Brötchen, dazu ein zwei Brote. Ein Paket Kuchen für den Nachmittag gleich mit dabei. Andere mit fast gar nichts, nur einer Semmel in der Hand, die andere schon im Mund. Die Leute wirken zufrieden, wenn sie rauskommen. Das Wochenende kann beginnen. Die Beobachtungen vertreiben mir die Zeit. Es gab Zeiten, da musste man damit rechnen, dass alles alle ist, bevor man drankommt. Die Sorge habe ich nicht. Das ist schön und mein Morgen beginnt deshalb auch mit einem Gott sei Dank. Es ist genug da.

Freitag, 16.02.2024: Täglich Brot

Es ist 35 Jahre her. Damals war ich mit meiner jungen Familie in einen kleinen Ort im Erzgebirge gezogen. Zwei Kinder, das dritte war unterwegs. Wir hatten als junge Leute in der damaligen DDR nicht viel Geld. Aber wir hatten genug, um gut über die Runden zu kommen. Wie auch heute, war am Wochenende der Einkauf angesagt. Das Geld wurde eingeteilt, Woche für Woche, wir hatten es bar dabei. Giro-Karten gab es damals nicht. Die kleine Kaufhalle am Ort war beliebt. Ich weiß nicht genau, warum. Denn nach der Kasse stand noch eine ganze Reihe Dinge auf dem Einkaufszettel, die es nicht gab. Die Fleischtheke war übersichtlich und der Obst- und Gemüsebereich lediglich mit Rotkraut, Weißkraut und Schwarzwurzeln gefüllt. Alles esse ich gern. Aber doch nicht ständig. Immerhin.

Durch den Mangel war etwas Besonderes möglich: Es war nach dem Einkauf von dem knappen Geld noch etwas übrig. Wir sind trotzdem nicht verhungert. Nicht, dass wir uns falsch verstehen, ich bin niemand, der hier von der guten alten Zeit schwärmt. Ich kann mich noch gut erinnern, wie sehr uns das geärgert und genervt hat. Vor allem unsere Kindern hätten wir gern gesund und abwechslungsreich ernährt. Als es dann nur kurze Zeit später nach der Friedlichen Revolution anders wurde und die Regale gefüllt waren, war das wunderbar. Plötzlich war der Obstkorb voll und der Kühlschrank gut genutzt. Mehr als genug. Nun gab es eine neue Erfahrung. Wenn man nicht aufpasste, war das Geld immer alle. Verhungert sind wir dadurch natürlich auch nicht. Gegenwärtig sehe ich immer wieder auch leere Regale in einem Supermarkt. Die Lieferketten sind aus verschiedenen Gründen da und dort unterbrochen. Diesen kleinen Mangel kann man nicht mit der DDR vergleichen. Aber trotzdem. Es ist nicht zu jeden Zeit alles da. Aber was da ist, ist mehr als genug. Unser täglich Brot gibt uns heute, heißt es im "Vater unser" - dem christlichen Gebet. Mehr muss es auch nicht sein. Zu jeder Zeit. Danke dafür.

Donnerstag, 15.02.2024: Solidarität

Er hätte von sich nicht behauptet, ein dankbarer Mensch zu sein. Das hat ihm nie jemand beigebracht. Er musste sich immer alles selbst erarbeiten. Wem sollte er also danken. Ihm ist viel gelungen. Beruflich und auch familiär. "Ich kann nicht meckern", dachte er hin und wieder. Aber wenn etwas nicht so ist, wie von ihm geplant, gehört er eher zu denen, die richtig schimpfen können. "Hauptsache gesund", hat er immer wieder mal zu seinen Freunden gesagt, wenn jemand gefragt hat, wie es denn geht. Irgendwie hatte er eine Ahnung, dass es doch etwas gibt, was er nicht vollkommen selbst in der Hand hat. Anders war es mit dem Geld. Das hat er sich jeden Monat hart erarbeitet und verdient. Wenn er seine monatlichen Abzüge auf der Gehaltsabrechnung sah, da konnte er richtig in Stammtischparolen verfallen. "Die Steuern, und was die Krankenversicherung kostet. Das ist ja der Wahnsinn. So oft kann ich gar nicht zum Arzt gehen." Auf den Einwurf, er zahle ja nicht nur für sich, sondern das sei ein solidarisches System, konnte er gedankenlos reagieren: "Was geht mich fremdes Elend an". Nun war er selbst schon oft beim Arzt, nicht nur bei einem. Die Diagnose war erschütternd. Zunächst war er einige Tage vollkommen aus der Bahn und alle Pläne in diesem Jahr über den Haufen geworfen. Die Krebstherapie läuft. Sie schlägt an. "Ich bin dankbar, dass mir geholfen wird", sagt er zu seinem Arzt. Jetzt weiß ich wenigstens, wozu ich immer Krankenversicherung zahle. Da sagt der Arzt: "Und die anderen". "Welche anderen?" – "Ihr Beitrag würde nicht reichen für die Therapie." Da hatte er verstanden. "Danke", sagte er zu seinem Arzt. "Da kann man wirklich nicht meckern."

Mittwoch, 14.02.2024: Aschermittwoch

Der Aschermittwoch, - heute ist es mal wieder so weit -, löst bei mir eigenartige Assoziationen aus. Schutt und Asche, denke ich nicht nur, sondern sehe ich vor meinem inneren Auge. Zerstörte Städte. Rauch. Schutt. Die Bilder gleichen sich, teilweise liegen sie weit zurück, noch weit vor meiner Geburt, teilweise aktuell, als wäre die Zeit stehen geblieben. Die Überbleibsel der Faschingsfeiern, ein wenig Konfetti hier und ein paar Papierschlangen da, eine leere Sektflasche an der Bushaltestelle und Pappnasen neben dem Papierkorb sind Pillepalle. Was am ausgelassenen Vorabend kaum vorstellbar ist, es geht am Aschermittwoch um keine Lappalie. Die Katerstimmung resultiert nicht aus der Einsicht, ein Bier zu viel getrunken zu haben. Sie entsteht durch den Blick auf das, was der Mensch ist und wozu er fähig ist.

Das mit der Asche ist dabei eine alte Sache. Bis ins 10. Jahrhundert reicht die Tradition zurück, an diesem Tag ein Kreuz mit Asche auf die Stirn zu malen. Die Asche erinnert an die Notwendigkeit der Buße und Reue. Und das Kreuz an die Barmherzigkeit Gottes. Und da Asche auch gern als Reinigungsmittel verwendet wurde, steht sie auch für die Reinigung der menschlichen Seele. Das klingt kompliziert, ist aber eigentlich eine simple Sache. Ich sehe auf mein Leben. Wie vor einem Spiegel sehe ich nicht nur die Sonnenseite, sondern bin ehrlich zu mir selbst. Alles o.k.? - Nein. Da gibt es auch Vorgänge, wo ich sagen muss, Mist, das tut mir leid. Das bereue ich. Katerstimmung. Ich habe einen Menschen verletzt, denke ich. Diese Tatsache kann, - einmal wirklich wahrgenommen -, Kopf und Beine etwas schwer werden lassen. Es gibt dann verschiedene Möglichkeiten damit umzugehen. Ich kann es verdrängen, versuchen zu vergessen. Passiert halt. Aber wie bei jedem Kater durch Alkohol, der immer davon zeugt, dass ein paar gesunde Körperzellen verloren gehen, so ist es auch hier. Das Verdrängen, immer wieder und wieder - zerstört Lebensqualität, macht Kopf und Beine immer wieder ein kleines bisschen schwerer. Gut, dass das so nicht sein muss. Ich darf neu anfangen. Mich entschuldigen. Das wirkt wie eine Frischzellenkur. Gott sei Dank.

Dienstag, 13.02.2024: Faschingsvielfalt

Heute ist Fasching und es wird gefeiert. In manchen Regionen ist Fasching kein Thema, aber einen Grund zum Feiern lässt niemand gern aus. Nicht weit von meinem Arbeitszimmer – eigentlich muss ich nur aus dem Fenster schauen und den Kopf nach links drehen – befindet sich eine belebte Straße mit vielen Restaurants und Kneipen. Da sind Essen und Trinken angesagt. Gleich an der Ecke ein Italiener. Gegenüber ein Irisch Pub, ein paar Schritte weiter kann ich gut mexikanisch essen. Und dann geht es weiter, in jede Richtung: kubanisch, libanesisch, türkisch, vietnamesisch und vegan dazu. Um die Ecke ist auch syrisch möglich. Es duftet. Natürlich da und dort auch nach deutscher Küche. Manchmal ist mir nach einer richtigen Roulade mit Klößen und Rotkraut. Manchmal aber auch nach anderen kulinarischen Genüssen. Natürlich weiß ich, dass nicht jedes türkische Restaurant einen türkischen Besitzer hat. Hinter einem chinesischen Restaurant kann sich auch ein gebürtiger Leipziger verbergen. Und vielleicht trinkt der Eigentümer von einem Irisch Pub persönlich am liebsten Pilsner. Es geht bunt zu und erst recht heute Abend. Das spiegelt sich auch im Sprachengewirr auf den Fußwegen wider. Auch da ist alle Welt vertreten. Lebendig. Es wird gelacht. Die Atmosphäre ist friedlich. Für mich ist das ein Bild dafür, wie schön das Leben sein kann.

In der Bibel heißt es: "Sie werden kommen von Osten und Westen und von Norden und Süden und zu Tische liegen im Reiche Gottes." Nun - gekommen sind schon mal alle, an Tischen sitzen sie auch. Sicher gibt es da und dort den einen oder anderen Ärger. Das Reich Gottes ist ja noch nicht da. Aber was ich sehe, erinnert daran, dass das Reich Gottes nicht trennt, sondern zusammenführt, nicht ausgrenzt, sondern Gottes Liebe grenzenlos ist. Danke, lieber Gott, dass Du das so willst.

Montag, 12.02.2024: Ich danke nur noch

"Ich danke nur noch" antwortete Franz Beckenbauer einmal auf die Frage, worum er denn bei seinen regelmäßigen Kirchgängen bitten würde. "Ich bitte um nichts, ich habe nur noch zu danken." Eine interessante Lebenseinstellung. Natürlich werden anlässlich des Todes eines bekannten Menschen die interessantesten Anekdoten und vielleicht auch Legenden rausgekramt. Ob sie alle stimmen? Egal. Mich hat diese kleine Episode aus dem Leben Beckenbauers berührt. Natürlich kann man sagen, der kannte keine Sorgen, hatte ja alles. Aber seine Lebensgeschichte erzählt von ganz unterschiedlichen Ereignissen, eben wie bei einem ganz normalen Menschen. Da gab es Rückschläge. Beziehungen sind gescheitert. Besonders schmerzlich war für Beckenbauer der Tod eines seiner Kinder. Und trotzdem - "Nur noch danken". Dankbarkeit könnte sowas wie der Schlüssel zu einem zufriedenen Leben sein.

Manchmal habe ich den Eindruck, man macht sich verdächtig, wenn man trotz allem ein dankbares Herz hat. Der beschönigt wieder mal alles, sagen dann die Augen, die einem zuhören. Oder, so schlimm kanns ja nicht sein, wenn der immer sagt, das Leben sei trotzdem schön. In der Bibel heißt es "Seid dankbar in allen Dingen." Vielleicht ist es gar nicht das Leben mit seinen Umständen, das diese dankbare Lebensweise zur Folge hat. Viel eher ist es die Einsicht, dass Gott da ist und mich als Menschen hält. Dann werden in großen Belastungen selbst die kleinen Dinge Grund zu großer Dankbarkeit. Dann wird der Blick auf das Leben nicht eng, sondern bleibt weit, denn mit Gott hat es immer einen Hauch von Ewigkeit