Ein Mann von Thüringenforst steht mit anderen Arbeitern im Wald
Für die Angestellten von Thüringenforst und dem Sonneberger Forstamt ist Müll im Wald kein neues Problem. Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Umweltverschmutzung Thüringer Wälder: Zwischen Fichten, Tannen - und Müllbergen

28. März 2024, 19:19 Uhr

Durch Borkenkäferbefall werden Thüringens Wälder immer kahler. Was dadurch zum Vorschein kommt, ist oft Müll. Auch Sonneberg versucht, das Problem illegaler Müllentsorgung zu lösen - jedoch mit mäßigem Erfolg.

Warum fahren Menschen mit Auto und Hänger in den Wald und kippen dort ihren Unrat in die Natur? Ist es Bequemlichkeit oder vielleicht sogar der Kick, vom Revierförster erwischt zu werden? Horst Sproßmann von Thüringenforst schätzt, dass pro Jahr mehrere Dutzend Tonnen Müll in Thüringer Wäldern landen. Genauere Zahlen gibt es nicht. Das Unternehmen selbst ist nicht für die Müllbeseitigung zuständig, hat mit dem Problem aber immer mehr zu tun.

Kahler Wald bringt Müll ans Tageslicht

Besonders viel Müll kommt gerade im Bereich des Sonneberger Forstamtes ans Tageslicht. In den Wäldern dort hat wegen der Trockenheit der Borkenkäfer sämtliche Fichtenbestände vernichtet. Durch die Kahlschläge ist der Wald licht geworden und eine illegale Müllkippe nach der anderen wird sichtbar.

Forstamtsleiter Roland Kaiser zeigt ein Waldstück in der Nähe des Sonneberger Ortsteils Judenbach. Direkt an der Straße, der Waldweg geht etwas bergauf und weiter hinten ist sogar Platz zum Wenden. Ein altes Fahrrad, vergammelte Sofakissen, Töpfe, sogar ein Kühlschrank finden sich mitten im Grünen. Eine Lkw-Ladung voller alter Gipsformen modert vor sich hin. Daneben bergeweise verschimmeltes Heu.

Kahler Wald auf einem Bergrücken, unten ein Hoözstapel geschlagener Stämme
Der Borkenkäfer ist dafür verantwortlich, dass der Wald rund um Sonneberg stark ausgedünnt ist - und so auch mehr Müll zum Vorschein kommt. Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Sproßmann zeigt sich wenig überrascht. Er habe damit schon gerechnet. "Es ist auch so eine typische Ecke direkt an der Straße, kurze Einfahrt in den Wald und Hanglage", so Sproßmann. Die Leute tun das, obwohl laut Waldgesetz Geldbußen drohen. Wer in flagranti erwischt wird, muss mit mindestens 500 Euro rechnen. "Je nach Schwere des Vergehens können es aber auch bis zu 25.000 Euro werden", ergänzt Kaiser. Leider aber ertappen die Förster nur selten jemanden auf frischer Tat. "Aber wenn, dann gibt es kein Erbarmen."

Müll liegt verstreut an einem Hang im Wald
Von Reifen über Matratzen bis hin zu Fahrrädern findet sich im Wald jegliche Art von Müll. Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Forstamt hofft auf abschreckende Wirkung durch Aufräum-Aktion

Noch ein Stück weiter im Wald Richtung Judenbach liegt eine idyllische Schlucht. Aus dieser Schneise haben Waldarbeiter sage und schreibe 150 Reifen geholt. "Meine Theorie ist, dass oberhalb eine Mülldeponie gewesen ist, auf der eben auch Traktor- und Autoreifen abgeladen wurden. Irgendwann haben sich Leute einen Spaß gemacht und die Räder einfach in die Schlucht rollen lassen", so Kaiser. Gott sei Dank mache sie einen kleinen Knick, sodass die Reifen nicht gleich bis zur Straße durchgedonnert seien.

Die Entsorgung war aufwendig und hat rund 8.000 Euro gekostet. Kaiser hofft, dass der "Reifen-Canyon" künftig sauber bleibt. "Wenn man die Dinge bereinigt, dann ist die Hemmschwelle größer, dort wieder Müll hinzulegen."

Porträtfoto eines Mannes im Wald
Roland Kaiser vom Forstamt Sonneberg ist häufig mit den illegalen Mülldeponien im Wald konfrontiert. Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Aber auch der Müll aus den vergangenen Jahrzehnten macht den Wäldern zu schaffen. Laut Kaiser hat es in der Region so ziemlich an jedem Ortsrand mindestens eine alte Hausmülldeponie gegeben. Ob legal oder illegal könne heute kaum noch jemand sagen. "Durch die schweren Maschinen im Wald wird der Bewuchs über den Müllhaufen zerstört und der alte Abfall kommt zum Vorschein. Bauschutt, Asbestplatten oder Plastikrohre." Um die Hinterlassenschaften muss sich dann das Landratsamt kümmern. Manchmal werden für die Entsorgung auch die Waldbesitzer zur Kasse gebeten, wenn das Gelände in Privatbesitz ist.

Mehr zu Müll-Problemen

MDR (ost/bee)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 27. März 2024 | 19:00 Uhr

10 Kommentare

knarf vor 4 Wochen

Tja,früher hieß es
Deutschland sei das Land der absoluten Ordnung und Sauberkeit. Diese Zeiten sind wohl längst vorbei!So gibt es heute Mitbewohner die lieber warten bis
es dunkel wird um ihr schmutziges Unwesen zu treiben obwohl öffentliche Abgabestellen oft sehr nah sind!

xxy21 vor 4 Wochen

Es liegt nicht an den verschwundenen Fichten. Im Allgemeinen wissen die Anlieger, Grundstücks- und Waldeigentümer genau, wo was liegt, was da nicht hingehört. Es liegt daher eher an den neuen Besen, die gut kehren.
Und dieser Gesellschaft ist es inneliegend, Ausgaben zu sparen. Auch für Müll. Manchmal habe ich den Eindruck hier besonders.

xxy21 vor 4 Wochen

Ich kenne einen Ort am Thüringer Wald, wo es normal ist, Abfall mancher Art in den Wald zu bringen. Besonders gern auch Schlachtabfälle. Und halt das, was Entsorgungskosten macht. Obwohl es in der Nähe eine Abgabestelle gibt.
Verbessert hat sich das nur hinsichtlich Abfällen, die kostenlos zur Kompostanlage gebracht werden können. Und natürlich geht das ohne vom Revierförster erwischt zu werden, wenn man weiß, in welche Richtung der gerade aus dem Ort gefahren ist.
Besonders ärgerlich sind in diesem Zusammenhang übrigens illegal entsorgte Abfälle, die an schlecht beleuchteten Wegen den Anliegern in die Gärten geworfen werden. Aber solange das Ordnungsamt nach Anzeige den Namen des Verursachers möglichst mit Bild anfordert, wird sich auch da nichts ändern. Immerhin regulieren sie auf dem Dorf die Parkordnung mehrmals die Woche und die Einhaltung der täglichen Ruhezeiten. Das geht ja auch einfacher.

Mehr aus der Region Suhl - Hildburghausen - Sonneberg - Ilmenau

Mehr aus Thüringen