Arbeiten, wenn andere feiern Spätdienste im Pflegeheim: "Weihnachten soll es schön für alle sein"
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25. Dezember 2023, 09:30 Uhr
Wenn Gudrun Tunke ihre Spätschichten im Seniorenheim in Meißen beginnt, machen es sich die meisten Sachsen gerade am Esstisch oder in der Weihnachtsstube gemütlich. Die Hauswirtschafterin arbeitet an allen Feiertagen bis zum 27. Dezember und sagt ihren Kolleginnen: "Meine Kinder sind längst erwachsen. Sollen die Familien mit kleineren Kindern Bescherung feiern."
Sie kommt zum Arbeiten, wenn die Senioren an den Festtagen Burgunderbraten, tags darauf Gänsekeule mit Klößen und am 26. Rindszunge gegessen haben und Mittagspause machen. Hauswirtschafterin Gudrun Tunke arbeitet im Pflegeheim Carpe Diem in Meißen an allen Weihnachtsfeiertagen in der Spätschicht - vom 23. bis 27. Dezember.
Dann räumt sie die Tische ab, reinigt und desinfiziert alle Plätze, putzt verschiedene Zimmer und deckt fürs Abendbrot alles wieder ein. Deko gehört auf den Tischen dazu, auch Kerzen, aber nur mit LED-Beleuchtung, aus Sicherheitsgründen. Und farbenfrohe Servietten. "Weihnachten soll es doch schön für alle sein", sagt die 62 Jahre alte Lommatzscherin.
Dienstpläne und Familienleben koordinieren
An den Festtagen im Dienst zu sein, mache ihr nichts aus. Ihre Tochter und ihr Sohn seien längst erwachsen. "Andere Kolleginnen haben kleinere Kinder. Sie sollen Weihnachten zu Hause sein. Ich war als junge Mutter auch froh, wenn ich abends wenigstens für die Bescherung bei meinen Kindern sein konnte", erinnert sich Gudrun Tunke an früher.
Weil an Wochenenden und Feiertagen abends keine Busse nach Lommatzsch fahren und Gudrun Tunke keinen Führerschein hat, muss ihr Mann sie von Arbeit abholen. Aber dann soll es auch bei ihr daheim gemütlich werden. "Das lassen mein Mann und ich uns nicht nehmen." Silvester hat die Hauswirtschafterin frei. "Da sind dann paar andere dran."
Ich war als junge Mutter auch froh, wenn ich abends wenigstens für die Bescherung bei meinen Kindern sein konnte.
Mehr als 8,6 Millionen Angestellte arbeiten bundesweit an Festtagen. Auch im Meißner Pflegeheim muss ein Teil der 110 Beschäftigten die Feiertage abdecken. "Es ist schwer, die Mitarbeiter für die Dienste zu finden. Viele haben Kinder. Das ist schon ein Feilschen", beschreibt Heimleiter Lars Weber die Dienstplanorganisation.
Ohne ausländische Fachkräfte geht es nicht - auch nicht zu Weihnachten
Auch zu Weihnachten gehe es nicht ohne den Einsatz der ausländischen Fach- und Pflegekräfte. Neben den sächsischen Mitarbeitern tun an den Feiertagen Kolleginnen und Kollegen aus Venezuela, Georgien, Serbien, Mazedonien, Syrien und Italien Dienst, auch ein Palästinenser hat sich eintragen lassen. "Es geht nicht ohne die Hilfe von außen. Wir haben den Punkt erreicht, an dem wir froh sind, dass Menschen aus anderen Nationen und mit anderen Religionen unsere alten Menschen pflegen", resümiert Weber.
Freundliche Stimmung im Haus zum Fest
Die Stimmung im Pflegeheim zu Weihnachten erlebt er "weihnachtlich mit viel freundlicher Ruhe". "Die Bewohner und die Gäste sind freundlicher irgendwie. Es kommt mehr Besuch ins Haus. Kinder, Enkel laufen mit Blumen und Geschenken über die Gänge zu ihren Verwandten." Einige Bewohner würden auch in die Familien geholt. Das seien aber nur wenige.
Und ja, es gebe etliche, die gar keinen Besuch bekommen und ganz allein bleiben. "Das tut mir sehr leid", erzählt Weber. Die Mitarbeiterinnen in der Betreuung versuchten dann, besonders diesen Menschen individuelle Zeit zu widmen. Zu Heiligabend singen die Bewohner, Gäste, Mitarbeiter und Weber gemeinsam auf den Etagen bekannte Weihnachtslieder. "Alle sollen das Gefühl haben: Wir sind jemandem wichtig", sagt Weber dazu.
Alle sollen das Gefühl haben: Wir sind jemandem wichtig.
Nette Worte und auch mal lachen - trotz Arbeitspensum und Stress
Auf die Feststimmung im Haus ist auch Hauswirtschafterin Grudrun Tunke schon gespannt. Bislang hatte sie an den Weihnachtstagen abends noch keinen Dienst seitdem sie im Heim arbeitet. Sie will sich überraschen lassen, was sich die Kolleginnen in der Küche Besonderes für die 110 Heimbewohner zum Abendbrot einfallen lassen. Mit den alten Menschen möchte sie auch gern einige Worte wechseln. Das müsse bei allem Stress, weil Krankmeldungen von Kollegen auch Mehrarbeit für sie bedeuten, immer möglich sein. "Wissen Sie, wir haben auch viel Spaß mit den Bewohnern. Es gibt Momente, in denen wir alle herzlich miteinander lachen."
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 26. Dezember 2023 | 19:00 Uhr