Mann schaut nachdenklich auf sein Handy
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Service Hilfe! Was tun, wenn Angehörige in Sachsen plötzlich Pflege brauchen?

29. Oktober 2023, 09:05 Uhr

Wenn ein Familienangehöriger nach einem Sturz oder einer Krankheit plötzlich pflegebedürftig ist, stellen sich viele Fragen. Die Wichtigste: Wie geht es nach dem Krankenhaus weiter? Antworten gibt MDR SACHSEN.

1. Schritt: Sozialdienst der behandelnden Klinik

Wenn Patienten nach der Entlassung nicht wieder so am Leben teilnehmen können wie vorher, kommt der Sozialdienst im Krankenhaus zum Einsatz. Die Mitarbeitenden schätzen den Bedarf an Hilfen ein, beraten den Patienten und Angehörige und helfen auch bei Unterstützungsleistungen. Per Aufgabendefinition soll der Sozialdienst Patienten und Angehörigen auch den Übergang in die häusliche Umgebung erleichtern. Außerdem organisiert er Anschlussbehandlungen, häusliche Krankenpflege, Kurzzeitpflege und Rehabilitationen mit.

Der klinikeigene Sozialdienst unterstützt Patienten und Angehörige bei der Vorbereitung auf die Entlassung, um den Übergang in die häusliche Umgebung zu erleichtern. Er ist für die Organisation von Anschlussbehandlungen, ambulanter Reha und der häuslichen Krankenpflege mit zuständig. Das Sozialgesetzbuch regelt, dass jeder Versicherte einen kostenlosen Anspruch auf so ein Versorgungsmanagement hat.

Anruf bei der Pflegekasse oder privaten Krankenkasse

Muss ein plötzlicher Pflegefall organisiert werden, ist das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit und der Pflegegrad festzulegen. Das macht die Pflegekasse. Die ist über die Krankenkasse des betroffenen Patienten erreichbar. "Die Pflegekasse ist verpflichtet, Ihnen innerhalb von zwei Wochen aktiv eine Pflegeberatung anzubieten. Diese Beratung ist kostenfrei", erklärt das sächsische Sozialministerium dazu. Der Medizinische Dienst prüft dann, ob und welcher Pflegegrad vorliegt.

Bei unversicherten Betroffenen muss man sich ans Gesundheitsamt wenden. Das sitzt beim Landkreis oder in der kreisfreien Großstadt, in der der Patient lebt.

Hausarzt nicht vergessen

Angehörige sollten immer auch den Hausarzt oder die Hausärztin des Pflegebedürftigen mit einbeziehen. "Er weiß, welche Hilfen Ihr Angehöriger regelmäßig braucht, auch für die Behandlung seiner Krankheiten", informiert die Caritas.

Pflegetage und Kurzzeitpflege: Wenn es schnell gehen muss

Tritt bei einem nahen Angehörigen eine akute Pflegesituation ein, haben Beschäftigte das Recht, sich bis zu zehn Arbeitstage freistellen zu lassen, um die Pflege zu organisieren. Der bürokratische Name dafür heißt: kurzzeitige Arbeitsverhinderung. Die zehn Tage können sich Familien auch untereinander aufteilen. Für die kurzfristige Auszeit kommt nicht der Arbeitgeber auf, sondern die gesetzliche Pflegeversicherung des Angehörigen. Und zwar für 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts.

Kann der zu pflegende Angehörige nicht zu Hause versorgt werden, halten Seniorenheime Plätze für die Kurzzeitpflege vor. Betroffene oder Angehörige können entweder über den Sozialdienst der Klinik oder bei der Krankenkasse der Patientin bzw. des Patienten einen Platz beantragen. Diese sogenannte Übergangspflege ist eine Leistung der Krankenkassen – nicht der Pflegekassen. Wichtig ist, dass man einen Antrag dafür stellt.

Die Pflegedatenbank in Sachsen

In der Pflegedatenbank kann man Kurzzeitpflegeeinrichtungen suchen. Allerdings werden dort keine freien Plätze direkt angezeigt. "Das würde eine fortlaufende Aktualisierung der Daten durch die Einrichtungen erfordern und verhindert nicht, dass als freie Kapazitäten deklarierte Plätze zum konkreten Zeitpunkt der Anfrage evtl. doch kurzfristig anderweitig vergeben wurden", erklärt das Sozialministerium in Dresden dazu.

  • Tipp: Angebote von Anbietern der Kurzzeitpflegeplätze wie AOK, DRK, Volkssolidarität oder Arbeiterwohlfahrt u.a. findet man bei der Onlinesuche mit den Suchworten: "Kurzzeitpflege freie Plätze Sachsen".

Was können Familien schon vor dem großen Schreck tun?

Langfristig können Senioren und ihre Familien viel unternehmen, um für den Notfall gewappnet zu sein. Die Caritas rät: "Knüpfen Sie ein Netz für die Pflege, in dem sich Familie, Freunde und Fachleute ergänzen." Außerdem empfiehlt der Sozialverband, sich schon frühzeitig in der Gemeinde zu erkundigen, welche ehrenamtlichen Besuchsdienste es gibt.

Knüpfen Sie ein Netz für die Pflege, in dem sich Familie, Freunde und Fachleute ergänzen.

Deutscher Caritasverband Freiburg

Hilfen für den Haushalt können Betroffene auch über einen Pflegedienst einkaufen, sich selbst suchen oder als Mini-Jobber oder -Jobberin einstellen. Über die Bundesagentur für Arbeit findet man auch ausländische Hilfskräfte. Es sei ratsam, die Angebote mehrerer Pflegedienste zu vergleichen und danach auszusuchen, was der Angehörige braucht: eher medizinische Hilfe oder Alltagsbegleitung?

  • Eine Übersicht über regionale Pflegenetzwerke in Sachsen finden Sie hier.

In Sachsen gibt es in jedem Landkreis und jeder Großstadt eine Pflegekoordinatorin oder einen Pflegekoordinatoren. Sie wirken in den Pflegenetzwerken mit und kennen die Angebote zur Unterstützung im Alltag, zu Nachbarschaftshelfern und "vorpflegerischee" Altenhilfe, also Alltagsbegleitern.

  • Die Koordinatoren in Ihrem Landkreis bzw. in Ihrer Großstadt finden Sie hier.

Warum Ehrlichkeit in der Familie wichtig ist

Und auch ein paar offene, kritische Gespräche innerhalb der Familien sind unvermeidlich, findet die Caritas: "Klären Sie, welche Hilfe Sie und die Familie leisten können. Seien Sie ehrlich zu sich und überfordern Sie sich nicht", betont der Verband. Den Rest der Hilfe könne man durch Fachpersonal abdecken. Es gebe dafür Sozialstationen, Pflegedienste für Hauswirtschaft und Begleitung, Mahlzeitendienste wie Essen auf Rädern. Teilweise kommen für die Kosten die Pflegekassen auf, teils muss man das selbst bezahlen.

  • Eine Übersicht über Hilfen für pflegende Angehörige in Sachsen finden Sie hier.

Eine junge Frau und ihre Mutter unterhalten sich
Geht es um die Pflege eines Angehörigen, sollten Familien ehrlich darüber reden, wer was leisten kann und übernimmt und welche Hilfen man braucht. Bildrechte: picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose

Weitere Hotlines und Bürgertelefone

Informationen kann man auch beim Bundesministerium für Gesundheit bekommen. Das Bürgertelefon ist von Montag bis Donnerstag von 8-18 Uhr und Freitag von 8-12 Uhr erreichbar:

  • Bürgertelefon zur Krankenversicherung: 030-340 60 66-01
  • Bürgertelefon zur Pflegeversicherung: 030 - 340 60 66-02
  • Beratungsservice für Gehörlose und Hörgeschädigte: E-Mail: info.gehoerlos@bmg.bund.de
  • Gebärdentelefon (Videotelefonie): www.gebaerdentelefon.de/bmg

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MDR (kk)/Sächsische Sozialministerium, Caritas-Bundesverband

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 27. Oktober 2023 | 14:48 Uhr

1 Kommentar

kleinerfrontkaempfer vor 27 Wochen

Über 80% der zu pflegenden Menschen werden zu Hause gepflegt und versorgt. Da sollte man nicht knausrig und überbürokratische sein wenn es an finanzielle Unterstützung geht.
Bezeichnend ist für die restlichen 20% der heimversorgten Menschen wie hier stets mehr und mehr finanzielle Mittel gefordert und gebraucht werden um die Interessen der Betreiber und Investoren zu bedienen. Marktwirtschaft halt.

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