Portrait Robin Pietsch "Der Erfolg ist nur das nette Beiwerk"

12. September 2019, 11:56 Uhr

Robin Pietsch – mit 30 Jahren hat er erreicht, wovon viele nur träumen. Er betreibt ein eigenes Geschäft, das Restaurant "Zeitwerk" in Wernigerode, welches mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist. Damit ist er aktuell der einzige Sternekoch Sachsen-Anhalts. Zudem macht er Karriere als Radiokoch bei MDR SACHSEN-ANHALT und als Fernsehkoch bei diversen Fernsehsendern. Hinzu kommt ein Kochbuch, das er in 2019 herausbringt. Ein ziemlich erfolgreicher junger Kerl, das ist unstrittig. Doch wer steckt dahinter, was ist Robin Pietsch für ein Mensch? Ein Portrait.

Robin Pietsch
Robin Pietsch – jung, dynamisch, erfolgreich und heimatverbunden Bildrechte: MDR/Olga Patlan

Das Leuchten in ihren Augen ist unendlich, wenn sie von ihrem Enkel spricht. Oma Christa Pietsch könnte stundenlang über ihren prominenten Enkelsohn erzählen: "Ich bin sehr stolz auf ihn." Kein Wunder. Robin Pietsch ist 30 Jahre jung, Besitzer eines mit Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurants in Wernigerode – "Zeitwerk" – und damit der einzige Sternekoch Sachsen-Anhalts. Nebenbei hat er eine wöchentliche Radiosendung bei MDR SACHSEN-ANHALT und sich häufende Fernsehauftritte.

Möchte man Robin Pietsch kennenlernen, muss man auch Oma Christa kennenlernen. Denn seine Oma ist eine wichtige Bezugsperson in seinem Leben: "Sie ist wie meine zweite Mama, das ist was ganz, ganz Besonderes", sagt er. Und Oma ergänzt: "Wir rufen uns fast jeden Tag an und können uns fast alles sagen." Spricht man mit Oma Pietsch, plaudert sie gern aus dem Nähkästchen, wie das bei Omas eben so ist: "Robin war ein sehr lebendiges Kind. Er war immer am Hopsen und Turnen. Aber er war ganz lieb.“

Ich war so jung, als ich angefangen habe, eigentlich war ich noch ein Knirps.

Robin Pietsch, Sternekoch

Heute ist Robin ein erwachsener Mann, erfolgreich und charmant. Und zielstrebig: Mit gerade mal 22 Jahren entschloss er sich dazu, sich selbstständig zu machen. "Ich war so jung, als ich angefangen habe, eigentlich war ich noch ein Knirps", sagt Pietsch heute. Er hat Fehler gemacht und daraus gelernt. "Fünf, sechs Jahre hat es gebraucht, bis das Restaurant sich so entwickelt hat, wie ich das wollte. Und bis ich dachte: So, jetzt bist du hier angekommen, das ist genau das, was du möchtest", erinnert sich Pietsch. Bis ins kleinste Detail habe er alles selbst in seinem Restaurant durchdacht, vom Logo bis zum Interior. "Und dann dachte ich mir tatsächlich: 'Geil, wir sind fertig, so möchte ich, dass die Gäste herkommen'", sagt Pietsch heute stolz. Und die Gäste kamen. Und sie kommen weiterhin.

Ehrgeizig, perfektionistisch, pingelig

Hinter dem Erfolg steckt nicht zuletzt der Charakter des Mannes, der ihn hat. Fragt man Pietsch selbst nach dem Rezept seines Erfolges, ist er zu bescheiden, um darauf zu antworten. Doch Oma Christa weiß um die wichtigen Eigenschaften:

Er ist ein richtiger Perfektionist, sehr ehrgeizig. Er hat immer Ziele, die er verfolgt. Ehe er etwas Neues beginnt, ist der Plan schon lange in ihm gereift.

Christa Pietsch, Oma von Sternekoch Robin Pietsch

Zum Reifen seines Plans gehöre auch ausgiebige Recherche. Bevor er einen Entschluss fasse, belese er sich viel, verrät Oma Christa. Zu der Stringenz seines Handelns und der Qualität seiner Produkte trägt sicherlich auch eine weitere Eigenschaft bei: "Robin ist picobello sauber. Nicht nur mit sich ist er pingelig. Man sieht das auch an seiner Gaststätte und an seiner Wohnung. In seinem Büro kann man im Dunkeln zufassen, da steht alles an Ort und Stelle." Eine Eigenschaft, die in der Gourmetküche nicht unwichtig ist. Und sich bei immer voller werdendem Terminkalender sicherlich auch außerhalb des Restaurants bewährt.

Die Selbstständigkeit und den Erfolg habe sich Pietsch selbst aufgebaut, das betont Oma Christa immer wieder. Befasst man sich mit der Lebensgeschichte des jungen Kochs, so wird deutlich, dass er ihr dennoch einiges in seinem Leben zu verdanken hat. Bei ihr lebte er als Jugendlicher eine Zeit lang. Als er sich bei einem Motorradunfall das Bein brach, pflegte die gelernte Krankenschwester ihn wieder gesund. Der Sternekoch erinnert sich:

Da hat es angefangen, dass ich ein mega Verhältnis zu meiner Oma aufgebaut habe. Sie hat mich in vielen Situationen begleitet, die sehr emotional waren.

Robin Pietsch, Sternekoch

Auch dass er Koch geworden ist, hat er zum Teil seiner Oma zu verdanken. Von ihr kam die Idee, in der Schulzeit ein Praktikum bei einem Konditor zu machen. Es folgte eine Ausbildung. "Ich profitiere täglich von meiner Konditor-Ausbildung. Man hat das Filigrane mitbekommen, was sich schlussendlich auf unseren Tellern wiederspiegelt und an der ganzen Einrichtung des Restaurants. Das war der beste Start, den ich hätte machen können." Darauf folgte die Ausbildung zum Koch, der Rest ist Geschichte. Den Bezug zur Gastronomie hat er außerdem durch seine Eltern. Beide haben im Gastgewerbe gearbeitet und so den heutigen Sternekoch geprägt.

Dankbarkeit

Die Dankbarkeit seiner Oma gegenüber hat Robin Pietsch deutlich gemacht, in dem er ihr seinen ersten Michelin-Stern gewidmet hat. Und sie war auch eine der ersten, die von der Errungenschaft erfuhr. Oma Christa erinnert sich: "Nachts um 12 Uhr klingelte das Telefon und da wusste ich, das kann nur mein Robin sein. Ein Jubelschrei durchs Telefon. 'Oma, du sollst es als Erste erfahren: Wir haben den Stern gekriegt.' Und dann jubelten die ganze Mitarbeiter." Das war im Herbst vergangenen Jahres.

Seitdem ist viel passiert. Seit der Aufnahme in den Michelin-Guide ist sein "Zeitwerk" jeden Abend ausgebucht. Außerdem ist er in die Riege der Promiköche Deutschlands aufgestiegen. Trotz des Erfolgs bleibt Pietsch auf dem Boden."Jetzt hat man Erfolg, ja, aber eigentlich ist es nur die Anerkennnung für die Arbeit, die du tust und der Erfolg ist das nette Beiwerk", so Pietsch. Oma Christa sagt dazu: "Das habe ich ihm auch auf den Weg gegeben: 'Bleib so wie du bist, werde nicht überkandidelt. Du brauchst dein Licht auch nicht unter den Scheffel zu stellen, aber ich wäre auch enttäuscht, wenn du abheben würdest."

In der Heimat für die Heimat

Was Robin Pietsch von anderen Promiköchen unterscheidet, ist, dass er aus dem Osten Deutschlands kommt. Das ist auch immer wieder Thema, wenn er zum Beispiel Ostgerichte vorstellen oder neu interpretieren soll. Fragt man ihn, ob er einen Ostkochstempel hat, verneint er es ganz klar. Er merkt aber an: "Man darf nicht vergessen, wir sind im Osten und in Sachsen-Anhalt und da fragen viele Leute auch nach." Hier im Osten fühlt er sich mehr als wohl:

Ich bin hier aufgewachsen und lebe hier schon mein Leben lang. Die Stadt ist toll, die Menschen sind toll. Wir haben keiner Stadt der Welt was nachzuhängen. Die Frage ist eher, warum sollte man hier weggehen, hier habe ich meine Familie und Freunde. Ich musste nie weggehen.

Robin Pietsch, Sternekoch

Bereits als junger Mann habe er sich entschlossen, in seiner Heimat zu bleiben. Als geborener Blankenburger wohnt er immer noch dort, gerade einmal ein paar Häuser entfernt von dem Haus, in dem er seine Kindheit verbrachte und wo seine Eltern noch heute leben. Dass er sein Restaurant in Wernigerode und nicht in Blankenburg eröffnet hat, habe strategische Gründe, da Wernigerode der Tourismus-Hotspot des Harzes sei.

Der Junge von nebenan und Teamplayer

Und diese Heimatverbundenheit kommt an. Oma Christa wird häufig auf ihren prominenten Enkel angesprochen. Die Anmerkungen sind stets positiv: "Das gefällt den Leuten. Er ist einer von uns, er ist hier geblieben, er ist nicht weggegangen und wollte hier für uns etwas schönes erschaffen", so Christa Pietsch. Der Junge von nebenan eben. Das merkt man auch, wenn man sieht, wie Pietsch mit seinem Team umgeht. Team, richtig, Pietsch spricht selten von Angestellten, eher sieht er sich als Teamplayer. So sagt er überzeugt:

Ohne dein Team bist du nichts. Punkt. Deshalb musst du es gut behandeln.

Robin Pietsch, Sternekoch

Dass dieser Slogan der Wirklichkeit entspricht, sieht man, wenn man das "Zeitwerk" besucht. Alle Teammitglieder werden im Menü und in der Karte vorgestellt – jeder mit seiner eigenen Persönlichkeit. Es ist ein kleines und junges Team, das der junge Sternekoch um sich aufgebaut hat. Es herrscht ein lockerer Ton im Umgang miteinander. Locker ist auch der Ton, wenn man seine Köche und Serviceleute nach ihrem Chef fragt. Es wird gelacht und gescherzt und gelobt – ein schlechtes Wort hört man keinen verlieren. Man vertraue sich gegenseitig, das sei wichtig, so der Sternekoch. Gerade wenn er nicht im Restaurant ist und an weiteren Projekten arbeitet. Wie eng das Team zusammenhängt, erkennt man auch daran, dass sich die Teammitglieder geschlossen den erworbenen Michelin-Stern haben tätowieren lassen.

Immer mit Blick nach vorn

Und nach Möglichkeit soll ein zweiter Stern dazu kommen: "Natürlich ist das große Ziel, erstmal den Stern zu halten. Das Ziel ist aber auch logischerweise, irgendwann mal den zweiten zu bekommen", blickt Pietsch nach vorn. Und fasst bereits weitere Ziele ins Auge: "Cool wäre es, wenn ich irgendwann vielleicht ein zweites Restaurant aufmache. Ich würde gern irgendwann mal bauen. Das Objekt jetzt ist zwar mega cool, aber ich musste mich in dieses Objekt hineinbauen. Und ich würde gern einen Laden bauen, in dem ich alles um meine Ideen baue." Das solle aber noch nicht in näherer Zukunft geschehen. Vorher hat Pietsch bereits ein ganz anderes Projekt. In 2019 bringt er ein eigenes Kochbuch heraus. Ein weiterer Traum, der in Erfüllung geht und Oma Christa sicherlich noch stolzer machen wird.

Über die Autorin Olga Patlan ist seit 2015 freie Redakteurin und Reporterin bei MDR SACHSEN-ANHALT. Hier schreibt sie Online-Artikel, betreut die Social Media-Kanäle und moderiert Interviews und Videos auf dem Facebook- und Instagram-Kanal von MDR SACHSEN-ANHALT. Sie lebt seit zehn Jahren in Magdeburg. Hier studierte sie an der Otto-von-Guericke Universität Germanistik und Psychologie, spezialisierte sich aber bereits früh im Studium auf Medien. Erste journalistische Erfahrungen sammelte sie bei Radio SAW. In ihrer Freizeit bereist sie gern die Welt und entdeckt Neues. Daher rührt auch ihre Leidenschaft für den Beruf als Journalistin, sich immer wieder in neue Inhalte zu denken, Menschen und Inhalte darzustellen.

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Quelle: MDR/pat

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