Die Hyparschale von außen. Inklusive der Betonstützen und Stahlbänder, die das Gebäude unterirdisch spannen
Die Hyparschale soll 2024 für Besucher öffnen. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Berühmte Veranstaltungshalle Teurer als geplant: So steht es um die Hyparschale in Magdeburg

05. August 2023, 09:15 Uhr

Die Hyparschale in Magdeburg soll wird seit 2020 saniert. Im nächsten Jahr soll die berühmte Veranstaltungshalle wieder für Besucher öffnen. Doch das Projekt war immer wieder von Problemen begleitet. Zuletzt stiegen die Baukosten von 17 auf 22 Millionen Euro. Der Boden musste ausgetauscht werden, die Bauzeit verlängerte sich. Zudem gab es Streit um die Innenausstattung. MDR SACHSEN-ANHALT hat der Baustelle einen Besuch abgestattet und sich den aktuellen Stand angeschaut.

MDR San Mitarbeiter Leonard Schubert
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Andreas Geiger wirkt ein bisschen stolz, als er über die aus Beton gegossene Galerie der Hyparschale läuft, während das Licht durch die sternförmig angeordneten Dachfenster fällt und Schattenspiele auf den Boden malt. Unten wird gerade eine Ausgleichsschicht Beton auf den Boden aufgetragen.

Blick von der Galerie der Hyparschale auf den in Arbeit befindlichen Boden.
Die Bodenplatte musste erneuert werden. Gerade finden Ausgleichsarbeiten mit Beton statt. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

"Da geht's voran", sagt Geiger zufrieden. Die Sanierung der berühmten Magdeburger Veranstaltungshalle hat den Projektleiter schon einige Nerven gekostet, gibt er zu. Nach einem langen Sanierungsprozess, der von einigen Widrigkeiten begleitet wurde, biegen die Arbeiten nun langsam auf die Zielgerade ein. Im Juli 2024 soll die Hyparschale wieder für Besucher öffnen. Urspünglich war das für Ende 2023 vorgesehen.

Die Hyparschale Die Hyparschale wurde nach einem Entwurf des bekannten DDR-Architekten Ulrich Müther in den 1960er-Jahren gebaut. Eine Besonderheit an der Hyparschale ist, dass die Dachkonstruktion ohne Stützpfeiler auskommt. Sie besteht aus vier sogenannten "hyperbolischen Paraboloiden". Diese Dachschalen aus selbstspannendem Beton werden auch Hyparschalen genannt und sind Namensgeber der Halle.

Lange war die Hyparschale ein beliebter Veranstaltungsort in Magdeburg. 1997 musste sie jedoch wegen Einsturzgefahr geschlossen werden und stand danach eine Zeit lang kurz vor dem Abriss, bevor sich die Stadt zur Sanierung entschloss. Die Arbeiten laufen seit Ende 2019.

Kosten massiv gestiegen

Der Verzug liegt laut Geiger an verschiedenen Faktoren. Die Corona-Pandemie, gestiegene Kosten für Baumaterialien und die Inflation hätten sich auf die Bauarbeiten ausgewirkt. Zeitweise sei es unmöglich gewesen, an Baumaterialien oder Firmen zu kommen. Zudem hätte die Bodenplatte der Hyparschale unerwartet ausgetauscht werden müssen. Ursprünglich hätten die Pläne vorgesehen, die alte Bodenplatte zu behalten. Geiger berichtet, all dies hätte die Arbeiten verlangsamt und die Kosten in die Höhe getrieben. Mittlerweile sind die veranschlagten Baukosten von ursprünglich 17 Millionen Euro auf mehr als 22 Millionen Euro gestiegen. Erst im April hatte der Stadtrat dafür gestimmt, die zusätzlichen Gelder für das Projekt bereitzustellen.

Projektleiter Andreas Geiger steht in der Hyparschale. 1 min
Bildrechte: MDR/Leonard Schubert
1 min

Die Sanierung der Hyparschale in Magdeburg biegt auf die Zielgerade ein. Trotz gestiegener Kosten und Verzögerungen zieht Projektleiter Geiger ein positives Fazit.

MDR SACHSEN-ANHALT Fr 04.08.2023 11:27Uhr 00:26 min

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Ende Juni waren die Gesamtkosten für das Projekt Hyparschale dann erneut gestiegen, weil die Stadt die Kosten für die Erstausstattung des Gebäudes übernommen hat. Knapp eine Millionen Euro kostet der Einbau von Stühlen und Tischen, Tresen, Garderobe, Veranstaltungstechnik und anderen Posten. Kosten, mit denen die Stadt ursprünglich nicht gerechnet hatte. Im Stadtrat sorgte das für Unzufriedenheit, auch wenn eine große Mehrheit für die Übernahme der Kosten stimmte – aus Mangel an Alternativen.

Die sternförmigen Deckenfenster der Hyparschale.
Die Deckenkonstruktion ist fertig. In der ursprünglichen Hyparschale hatten die Deckenfenster auf Grund zersprungener Glasbausteine abgedeckt werden müssen. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Geiger ist insgesamt trotzdem zufrieden mit der Sanierung. "Insgesamt ist das auf jeden Fall ein erfolgreiches Projekt, würde ich sagen. Die gestiegenen Kosten sind sicher nicht schön, angesichts der Umstände aber keine Katastrophe." Auch die technologischen Probleme seien gelöst worden, sodass man sich nun auf der Zielgerade befinde, sowohl terminlich als auch finanziell.

Sanierung auf der Zielgeraden

Die meisten schwierigen Bauabschnitte sind laut Geiger inzwischen abgeschlossen. Große Teile der Technik seien bereits verbaut, die Sanitärbereiche seien nahezu fertig. "In erster Linie fehlen noch die Fußböden und die Fußbodenheizung" meint Geiger. Ein großer Faktor seien danach dann noch die Oberflächenverkleidungen und die Endmontagen der Haustechnik, der Lampen und Sanitärobjekte.

Kabelschächte entlang des Bodens der Galerie in der Hyparschale.
Die Sanierung auf der Zielgeraden: Große Teile der Technik sind bereits verbaut. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Bei der anschließenden Führung über die Baustelle ist deutlich zu spüren, wie fasziniert Geiger von dem Bauprojekt ist. Er spricht mit Begeisterung über die einst einsturzgefährdete Decke, die mit speziellem Carbon-Beton wieder hergerichtet wurde und ohne Stützpfeiler 48 Meter überspannt. "Das alte System mit den unterirdischen Spannbändern ist noch vollkommen intakt. Das ist großartig!" Er erklärt, welche Herausforderungen es beim Einbau der 800 Kilogramm schweren, riesigen Außenfenster gab und wie diese gelöst wurden. "Im Sommer war es hier erstaunlich kühl durch die Wärmeschutzverglasung! Das ist schon beeindruckend", sagt Geiger.

Die Spannpfeiler und hohen Glasfronten der Hyparschale.
Ein Markenzeichen der Hyparschale: Die unterirdisch verlaufenden Spannbänder und die hohen Glasfronten. Bildrechte: MDR/Leonard Schubert

Dass die Hyparschale überhaupt bald wieder eröffnet wird und nicht abgerissen wurde, ist laut Geiger keine Selbstverständlichkeit. Er ist froh über die Entscheidung und kommt ins Schwärmen über die Veranstaltungshalle. "Die ist schon ein Highlight und findet auch international Beachtung. Und sie ist sehr vielseitig nutzbar. Theoretisch können hier auch kleine Boxkämpfe stattfinden."

Konkrete Nutzung noch unklar

Wer die Hyparschale am Ende tatsächlich betreibt und welche Veranstaltungen genau stattfinden werden, ist laut Geiger noch offen. Heißer Kandidat sei die kommunale Messe und Veranstaltungsgesellschaft Magdeburg (MVGM). Geplant sei, dass der gleiche Betreiber zukünftig auch die benachbarte und ebenfalls in der Sanierung befindliche Stadthalle übernehme, sodass sich beide Veranstaltungsorte keine Konkurrenz machten, sondern ergänzten. Ob es also tatsächlich auch Boxkämpfe in der Halle geben werde, sei derzeit unklar.

"Fast jeder in Magdeburg hat irgendwelche Erinnerungen an die vielfältige Nutzung der Hyparschale. Und da bleibt zu hoffen, dass das auch künftig so sein wird, dass die Art der Veranstaltung so vielfältig ist, dass da wirklich viele was davon haben." Jetzt hoffe er darauf, dass von baulicher Seite erst einmal wirklich alles wie geplant funktioniere und die Hyparschale dann wirklich ohne zusätzliche Kosten Mitte 2024 in Betrieb gehen könne.

MDR (Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 04. August 2023 | 08:30 Uhr

5 Kommentare

Gernot vor 40 Wochen

Die Mehrkosten sind in diesem Fall noch überschaubar.Die Ursachen liegen doch in der zu langen Zeit von der Planung bis zur Fertigstellung. Eh alle Stempel beieinander und alle " Experten " sich einig sind, vergeht viel Zeit. Kein Magdeburger - sondern ein gesamtdeutsches Problem. Wenn sich dann noch die Parteipolitik reinhängt, wie vielerorts, geht es ins bodenlose.

nilux vor 40 Wochen

Ich freue mich sehr über die Sanierung der Hyparschale, sie ist schon etwas Besonderes. Mir ist es z.B. vor ein paar Wochen in Warnemünde wiederholt passiert, dass Betrachter des bekannten Teepotts in Gesprächen sofort Parallelen zum Magdeburger Objekt zogen.
Ich habe gute Erinnerungen an die Hyparschale, allerdings empfand ich die Akustik dort als eher sehr schlecht. Vielleicht hat man das technisch inzwischen besser im Griff.
Was leider auch bleibt ist das systematische Versäumnis der Entscheidungsträger der Stadt Magdeburg, solche Sanierungen ohne ein schlüssiges Nutzungskonzept durchzuführen.

Mitteldeutsch vor 40 Wochen

Das war beim Hauptstadtflughafen so und auch beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Eigentlich fast überll in Deutschland ist das zum Normalfall geworden. Vllt. wird aber auch zu knauserig geplant um überhaut bauen zu können.
Auch Gotthard-Basistunnel war für 12,2 Mia. Franken (inkl. Teuerung, MwSt. und Bauzinsen) geplant und kostete dann rund 23 Mia. Franken (inkl. Teuerung, MwSt. und Bauzinsen)

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