Weltklimabericht über Meere und Eismassen IPCC-Bericht: Berge ohne Gletscher – unbewohnbare Küsten

26. September 2019, 10:16 Uhr

Gelingt es der Menschheit nicht, ihren CO2-Ausstoß sehr bald stark zu reduzieren, drohen schreckliche Folgen für die Meere, Eismassen und Trinkwasserversorgung. Das zeigt der neue IPCC-Report.

Noch sind viele Gipfel in den Alpen das ganze Jahr mit Schnee bedeckt. Aber große Mengen Gletschereis sind bereits geschmolzen, weil die Atmosphäre ständig wärmer wird. Sollte das europäische Hochgebirge eines Tages eisfrei sein, fließt kein neues Schmelzwasser mehr in die Seen an seinem Rand. Das bedeutet beispielsweise deutlich weniger Wasserzufluss für den Bodensee und damit ein Problem für die Trinkwasserversorgung des deutschen Südwestens.

Es sind solche Konsequenzen, die zeigen, welche zentrale Bedeutung die Wasser- und Eismassen der Erde für die Menschen überall auf der Welt haben. Am Mittwoch hat der Weltklimarat IPCC einen neuen Report vorgestellt. Darin zeigen die Wissenschaftler, was der menschgemachte Klimawandel für die Meere, Wasser- und Eisströme bedeutet. Der Menschheit drohen enorme Gefahren, wenn es nicht gelingt, den Ausstoß von Klimagasen wie CO2 drastisch bremsen.

IPCC-Bericht: Folgen für Poleis, Berge, Permafrostböden, Meeresspiegel und Trinkwasser

Rund zwei Jahre haben sich 104 Wissenschaftler für die IPCC durch 6981 aktuelle Studien gearbeitet, die die Folgen der Klimaerwärmung für Ozeane und Co untersucht haben. Die Experten stammten aus 36 Ländern, darunter 19 Schwellen- und Entwicklungsländer. Dabei zeichnen sie ein düsteres Bild: Die Eismassen drohen zu schmelzen, was zum Anstieg der Meeresspiegel führt. Permafrostböden tauen auf, wodurch enorme Mengen weiterer Klimagase in die Atmosphäre gelangen. Und fast überall müssen neue Wege gefunden werden, wie Trinkwasser gewonnen werden kann.

Über viele Klimawandelfolgen für das Wasser auf der Welt wird schon lang diskutiert. Lang bekannt ist beispielsweise, dass schmelzende Eismassen am Nord- und Südpol zu steigenden Meeresspiegeln an den Küsten führen und damit rund 680 Millionen entlang der Küsten lebende Menschen akut bedroht sind.

Weniger präsent ist aber, dass auch das Eis auf den Bergen und damit rund 670 Millionen Menschen in Bergregionen betroffen sind. Bei ungebremster Erwärmung könnten Europa, Ostafrika, die Anden und Indonesien bis 2100 über 80 Prozent ihrer Gletschermassen verloren haben.

"Die gefrorenen Teile unserer Welt scheinen nur an den Rändern zu liegen, sie sind aber zentral für uns alle", sagte der IPCC-Vorsitzende Hoesung Lee bei der Pressekonferenz am Mittwoch.

Weniger Eis am Nordpol – häufigere Dürren oder Fluten in Mitteldeutschland

Hinzu kommen Effekte weit hinten in der Wirkungskette – etwa für Mitteldeutschland. Der Region drohen deutlich häufigere Sommerdürren und Jahrhundertfluten zugleich, wenn es nicht gelingt, den Eisschild am Nordpol zu bewahren. Denn weniger Eis am Nordpol bedeutet ein wärmeres Nordpolarmeer und damit instabilere Polarwinde. Die führen im Sommer zu sogenannten Blockadewetterlagen, was wahlweise zu wenig oder zu viel Regen in die Region zwischen Harz, Thüringer Wald und Erzgebirge bringt.

Das arktische Eis ist im laufenden September 2019 auf seine zweitkleinste Fläche aller Zeiten zusammengeschmolzen. Nur 2012 war es noch weniger. Steigt die Erwärmung auf mehr als zwei Grad Celsius, dann wird die Arktis künftig jeden dritten September komplett eisfrei sein, zeigt der aktuelle IPCC-Bericht. Gelingt es jedoch, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sollte das nur einmal in 100 Jahren passieren.

Welche Kipppunkte im Klimasystem sind schon überschritten?

Eine große Unsicherheit gibt es unter den Wissenschaftlern, ob im globalen Wassersystem bereits Kettenreaktionen ausgelöst wurden. Sind diese Kipppunkte überschritten, droht noch stärkere Klimaerwärmung. Zu komplex sind die Zusammenhänge, zu groß die betroffenen Weltteile. Klar ist: Überall in den arktischen Breiten tauen Permafrostböden auf und damit auch abgestorbenes und bislang gefrorenes Pflanzenmaterial. Dessen Verwesung könnte weiteres CO2 oder Methan freisetzen.

Fatal sind möglicherweise auch die Folgen für marine Ökosysteme und damit für Menschen, die sich von Fischen und Meeresfrüchten ernähren. Die Meere haben etwa 90 Prozent der Hitze aufgenommen, die die Menschen durch Klimagase verursacht haben, schätzen die IPCC Wissenschaftler.

Diese Menge könnte bis 2100 nochmal um das zwei- bis vierfache anwachsen, wenn es gelingt, die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Wenn nicht, könnten die Meere fünf bis sieben Mal so warm werden wie heute. In wärmeren Ozeanen findet aber weniger Austausch der Wasserschichten statt. Damit gelangt weniger Sauerstoff ins Meer, mit tödlichen Folgen für die Meereslebewesen.

Wissenschaftler: Klima kann gerettet werden

Der IPCC-Report empfiehlt, mit drastischen Maßnahmen die Erderwärmung zu begrenzen, um ein Kippen der Ozeane zu verhindern. IPCC-Mitglied Hans-Otto Pörtner vom deutschen Alfred-Wegener-Institut stellt fest: "Gesellschaften und besonders junge Menschen hören uns heute mehr zu, als je zuvor. Die Botschaft ist also angekommen. Gesellschaften und Politik haben die Informationen, die sie brauchen, um zu reagieren."

1 Kommentar

Eulenspiegel am 26.09.2019

Also ich denke wir haben noch eine Chance mit den blauen Auge davon zu kommen. Wobei ein bisschen mehr wie ein blaues Auge wird es wohl sein. Aber das Zeitfenster wird immer kleiner. Wir müssen uns beeilen. Und die Politiker haben so viel Zeit zum diskutieren ohne was wirklich durchzusetzen.