Materialien, die für die Batterie als Aktivstoffe nötig sind, abgefüllt in kleinen Glasfläschen.
Die sogenannten polymeren Aktivmaterialien, die für die Energiespeicherung der Batterie verantwortlich sind. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU

Erfindung aus Jena Metallfreie Batterien aus dem Drucker

25. Oktober 2019, 17:34 Uhr

Was kommt nach Lithium-Ionen-Batterien? Weltweit arbeiten Forscher daran, Energie sauberer und leichter zu speichern. An der Uni Jena ist jetzt ein System entwickelt worden, mit dem sich Akkus einfach drucken lassen.

Der chinesische Batterie-Riese CATL baut in Arnstadt ein neues Werk und investiert in den nächsten Jahren 1,8 Milliarden Euro. Vor allem Lithium-Batterien für Autos sollen da gebaut werden. Das soll in Thüringen einer der wichtigsten Wirtschaftsdeals der letzten Jahrzehnte sein. Doch Lithium-Ionen-Akkus sind, auch wenn es dafür in diesem Jahr den Nobelpreis gab, eine Technologie, die kritisch betrachtet wird. Vor allem wegen des großen Energieaufwandes und der Umweltprobleme, die die Herstellung verursachen. Vielleicht kommt eine neue Generation von Batterien aus dem Drucker statt aus dem Bergbau. Möglich macht das eine Entwicklung aus Jena.

70 Jahre alte Technologie für die Zukunft

Die Technik nennt sich Redox Flow, ist 1949 in Deutschland erfunden und danach lange vergessen worden. Sie funktioniert wie alle anderen Batterien auch - durch den Austausch von Elektronen.

In der Chemie spricht man von Oxydation und Reduktion.

Prof. Ulrich Schubert, Uni Jena
Der Chemiker Prof. Dr. Ulrich S. Schubert in einem Labor.
Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU

Ein Stoff gibt Elektronen ab, der andere nimmt sie auf und dadurch fließt Energie, erläutert Prof. Ulrich Schubert vom Zentrum für Energie und Umweltchemie Jena (CEEC) der Universität in Jena. Ein Prozess, über den wir uns keine Gedanken machen, obwohl er uns permanent begleitet, zum Beispiel in unseren Smartphones. Doch die darin verbauten Lithium-Ionen-Akkus sind inzwischen Technologie von gestern, entwickelt in den 1970er- und 1980er-Jahren. Zeit also für neue Generationen von Batterien.

Wir leben im Kunststoffalter. Kunststoffe kann man für Solarzellen verwenden, um dann Strom zu erzeugen. Das heißt, dass diese Kunststoffe Elektronen aufnehmen können, speichern können und wieder abgeben und damit können wir metallfreie Batterien produzieren.

Prof. Ulrich Schubert

10.000 Ladzyklen sind möglich

Möglich wird das durch energieleitende Moleküle, die in das Plastik eingebracht werden. Diese Teilchen wiederum schwimmen in einer Salzlösung. Diese Salzlösung befindet sich in zwei Behältern, getrennt durch eine Membran und durch diese bewegen sich die Elektronen hin und her. So wird Energie gespeichert oder abgegeben. 10.000 Ladezyklen seien möglich. Bei einem herkömmlichen Akku sind es meist weit unter 1.000. Der neue  Plastikspeicher hält also bedeutend länger als ein herkömmlicher Akku mit Metallen und er lässt sich leicht entsorgen. Die Batterien müssen nicht mehr auf den Sondermüll.

Wir nutzen das zum einen, um druckbare Batterien herzutsellen, dünne Filmbatterien, die man z.B. auf Karten drucken kann, mit Solarzellen kombinieren oder auch für Sensoren verwenden kann.

Redox Flow statt Lithium-Ionen

Verschraubte Metallplatten und Glasbehälter.
Grundaufbau einer Redox-Flow-Batterie - RFB. Weil sie mit Flüssigkeiten arbeitet, wird sie auch Flussbatterie genannt. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU
Verschraubte Metallplatten und Glasbehälter.
Grundaufbau einer Redox-Flow-Batterie - RFB. Weil sie mit Flüssigkeiten arbeitet, wird sie auch Flussbatterie genannt. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU
Kleine Polymerteilchen in Glasschalen.
Diese Komponenten nutzen die Jenaer für die Elektroden der Batterie. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU
Materialien, die für die Batterie als Aktivstoffe nötig sind, abgefüllt in kleinen Glasfläschen.
Kein Metall! Die sogenannten polymeren Aktivmaterialien, die für die Energiespeicherung der Batterie verantwortlich sind. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU
Eine Knopfzellenbatterie in ihre Bestandteile zerlegt.
Auch Knopfzellen lassen sich so herstellen. Wenn auch im Augenblick noch größer als die, die wir in unseren Uhren nutzen. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU
Blick in das Innenleben einer Batterie.
Das Innenleben einer sogenannten Pouchzelle, wie sie heute - allerdings kleiner - in Smartphones genutzt werden. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU
Eine flache Batteriezelle an Klemmen.
Eine zusammengebaute Pouchzelle, die Strom erzeugt. Bildrechte: Jan-Peter Kasper/FSU
Entwurf eines Neubaus an der Uni Jena.
Die Jenaer Batterieforscher am Zentrum für Energie und Umweltchemie Jena (CEEC Jena) bekommen einen 4.000 Quadratmeter großen Neubau. Bildrechte: HDR GmbH/FixVisuals
Alle (7) Bilder anzeigen

Als Beispiel nennt Prof. Schubert ein Pflaster mit einem dünnen Film, eine Plastikfolie, in der Strom gespeichert und abgegeben werden kann. "Und dann kann man Gesundheitsfunktionen damit senden und sie müssten in der Klinik nicht mehr an ein Kabel angeschlossen werden. Auf der anderen Seite bemühen wir uns, damit Lösungen für die Energiewende zu schaffen, große stationäre Batterien, die große Mengen Energie z.B. von einem Windpark speichern kann." Und das ist bei großen Energiemengen auch nötig, denn die Energiedichte der Batterie ist gering.

Deutsches Projekt liegt auf Eis

Die Jenaer hatten dazu bereits Kooperation mit einem deutschen Energieanbieter gestartet, um nicht weniger als die größte Batterie der Welt zu bauen. Doch das Projekt stockt. Der Energie-Anbieter EWE kann derzeit nicht sagen, wann es umgesetzt wird.

Erste große, öffentlich geförderte Redox Flow Akkus sind jetzt in den Niederlanden im Einsatz und speichern große Mengen Windenergie. Und auch in China sind Speicher mit bis zu 800 Megawattstunden gebaut worden. Der Vorteil des Systems: Es ist in jede Größe skalierbar. Von winzig klein bis zu großen unterirdischen Speichern. So arbeiteten die Jenaer etwa mit einem LKW Hersteller daran, das Batteriesystem in Fahrzeugen nutzbar zu machen.

Das Forschungsfeld habe in den letzten zwei, drei Jahren enorm an Speed aufgenommen, so Schubert. Jena gehöre aber zu den Vorreitern und spiele ganz vorne mit. Und er möchte, dass das so bleibt und in Mitteldeutschland eine Wertschöpfungskette entsteht, die den Leuten hier zu Gute kommt, mit neuen Anlagen und Arbeitsplätzen.

Die Forschung dafür wird ab dem Jahr 2022 im neuen Zentrum für Energie und Umweltchemie "CEEC Jena II" laufen. Landes- und Bundesregierung finanzieren zum großen Teil den 40 Millionen Euro teuren Neubau. Gerade erst wurden die Entwürfe dafür vorgestellt. Insgesamt vier Stockwerke mit Laboren und Büros, ein durchgehender Keller mit Speziallaboren und ein Technikum, das über zwei Etagen geht - insgesamt 4.000 Quadratmeter. Und im zugehörigen Anwendungszentrum (AWZ CEEC Jena) sollen die Forschungsergebnisse direkt zur Industriereife gebracht werden.

Link zur Studie

Die Ergebnisse der Forschung sind unter dem Titel "Druckbare Gelpolymerelektrolyte auf Basis ionischer Flüssigkeiten für organische Festkörperbatterien" im Fachmagazin Energy Storage Materials erschienen.

0 Kommentare