junger Mann mit langen, lockigen, rotblonden Haaren steht seitlich mit Laptop neben Roboterarmen, fässt einen Roboterarm an und blickt zur Seite
Im Kollektiv lernt sich's schneller: Roboter-Arme an der TU München Bildrechte: MDR WISSEN/Laura Becker

Drei Minuten Zukunft 5+1 Roboter-Klischees und was dahinter steckt

12. Juli 2023, 13:12 Uhr

Roboter sind im besten Falle niedlich und künstliche Intelligenz, mit ihren Algorithmen und maschinellem Lernen, im ärgsten Falle bedrohlich. Alles falsch. Wir räumen auf, mit Robotik- und KI-Forscher Sami Haddadin und fünf Klischees, die jetzt hoffentlich bald keine mehr sind!

Junger Mann mit Bart, runder schwarzer Brille, schwarzem Basecap vor Roll-Up-Plane mit Logo von MDR WISSEN
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1️⃣ Roboter haben am besten zwei Arme, zwei Beine und können lustig winken

Okay, ist wahrscheinlich kein echtes Klischee. Aber um das noch mal klarzustellen: Roboter sehen meistens nicht so aus, wie wir sie uns mit zartem Kinder-Geiste vorgestellt haben. Hier folgt die Form häufig der Funktion. Also Roboter sehen so aus, wie sie für ihre jeweilige Aufgabe eben am praktischsten aussehen. "Es ist schon so, dass ein autonomes Fahrzeug, eine autonome Drohne schlichtweg ein Roboter ist", erklärt Sami Haddadin vom Munich Institute of Robotics and Machine Learning der TU München. Beide sehen trotzdem so aus, wie Fahr- oder Fluggeräte eben aussehen. Oder ein Roboterarm in der Autoindustrie: Der braucht weder ein niedliches Gesicht noch Öhrchen. Wäre ja auch schade ums Material.

2️⃣ Roboter und KI gehören einfach zusammen

Dazu müssen wir erstmal sortieren: Roboter sind Maschinen, die automatisiert Dinge tun. Und künstliche Intelligenz (KI) ist ein Computerprogramm, das durch sogenanntes maschinelles Lernen von sich aus mit der Zeit (etwas) besser wird. "Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich darüber Gedanken macht: Was ist der Unterschied zwischen einer künstlichen Intelligenz mit Körper und einer ohne Körper´?" Eine KI ohne Körper ist nur das Programm, das Daten aufnimmt oder sammelt und auswertet. "Sowas haben wir schon bei uns in der Hosentasche, die Siris und Alexas dieser Welt", so Haddadin. Und eine KI mit Körper ist eben ein Roboter.

Mann mit silberner, drahtiger Brille mit gebogenem Steg und Bart blickt in Kamera, Vordergrund unscharf Roboterarm, Hintergrund unscharf Werkstatt-Aufbau. Erklärende Gestik. Text: "Wann übernimmt die KI das Kaffeekochen?" 3 min
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3️⃣ Für Roboter sind einfache Dinge eine komplizierte Angelegenheit

"Wenn es darum geht, menschliche Eigenschaften zu verstehen und eine technische Realisierung zu schaffen, die ähnliche Fähigkeiten hat – dann sind wir noch weit entfernt, Jahrzehnte oder Jahrtausende." Ernüchternde Worte von Sami Haddadin. Beispiel: Bei einem Versuch von Haddadin und seinem Team kann ein Roboterarm einen Schlüssel in die Hand nehmen und versuchen, diesen Schlüssel im richtigen Winkel ins Schloss zu bringen. "Wie drei- oder vierjährige Kinder." Eine komplexe Kiste, die umso einfacher wird, je mehr Roboterarme das gleichzeitig probieren. Die können sich dann – hier sind wir bei der KI – über ihren Erfahrungsschatz austauschen, welche Winkel und welche Position nun die beste sind. Ähnlich einer Gruppe Kids. Wobei die das schnell raushaben dürften.

4️⃣ Roboter sind effizienter als Menschen

Also so ein bisschen stimmt das schon. Maschinen sind dann besser als Menschen, wenn sie für eine Sache gebaut wurden, die sie richtig gut können sollen. Das ist zumindest so eine typische Antwort von Forschenden, sagt Sami Haddadin, und verweist auf das Tribock-Katapult (auch bekannt als Blide oder Trebuchet, die mächtigste Waffe des Mittelalters), das schwere Kugeln mit hoher Geschwindigkeit sehr weit schleudern konnte. Und das deutlich besser als die Menschen, die es gebaut haben. Aber sonst kann das Ding: nix.

Ähnlich ein Schachcomputer: "Wir können den Weltmeister im Schach schlagen, das ist alles keine große Sache mehr heutzutage. Das lernt am in jedem Informatik-II, oder -III-Kurs", so Haddadin. Aber denken Sie ja nicht, dass diese Schach-Gerätschaft Ihnen auch gleichzeitig in Mensch ärgere Dich nicht und Spitz pass auf überlegen ist.

Mann mit silberner, drahtiger Brille mit gebogenem Steg und Bart blickt in Kamera, Vordergrund unscharf Roboterarm, Hintergrund unscharf Werkstatt-Aufbau
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Prof. Dr. Sami Haddadin … forscht zu Robotik, maschinellem Lernen, nichtlineare Steuerung und menschliche Motorintelligenz. Er leitet das Munich Institute of Robotics and Machine Learning der TU München. Er ist seit 2021 Leopoldina-Mitglied.

Eine große Herausforderung wird in Zukunft sein: "Wie können wir Maschinen entwickeln, die ähnlich energieeffizient wie der Mensch funktionieren?" Mittlerweile verbrauchen Haddadins Roboter keine Kilowattstunden mehr, sondern sind energieeffizient wie ein PC. Immerhin!

5️⃣ Roboter werden irgendwann die Weltherrschaft an sich reißen – oder die KI tut es

Haben Sie Ihrer Sprachassistenz im Smartphone mal versucht, eine halbwegs komplexe Aufgabe zu stellen? Nach über einem Jahrzehnt ist dieses Stück Software gefühlt nur unwesentlich "intelligenter" geworden. Weil es nur so viel kann, wie wir ihr beibringen.

Roboter sind in erster Linie als Werkzeuge gedacht. Entwickelt von Menschen, die es schon darauf anlegen müssten, dass diese Maschinen die Weltherrschaft an sich reißen werden. Mit dem heutigen Stand der Technik könnte selbst das kompliziert werden. Die Roboter würden bei ihrer Machtübernahme wahrscheinlich sehr lange brauchen und sich auch ein wenig tapsig anstellen.

➕1️⃣ Roboter können nicht richtig Kaffeekochen

Doch. Sami Haddadins Studierende haben schon mal einen Roboter befähigt, eine Filter-Kaffeemaschine ordnungsgemäß zu bedienen. Ob Filterkaffee zubereiten "richtig Kaffeekochen" ist, müssen jetzt Sie entscheiden.

2 Kommentare

MDR-Team am 27.05.2022

Hallo Shantuma, wir nehmen diese Fragen sehr gern mit, denn im Rahmen der Reihe werden wir uns auch mit einem Wirtschaftsforscher unterhalten. Mit besten Grüßen vom MDR Wissen Team

Shantuma am 26.05.2022

Die eigentliche Frage die man stellen sollte wäre: Was machen wir, wenn Roboter und KI für uns arbeiten?
Wie sieht dann unsere Gesellschaft aus?
Wie sieht unser Wirtschaftsystem aus?

Dies sind wesentlich wichtigere Fragen als die "Kinderfragen" vom Artikel selbst.

Also fragen wir alle Menschen, was Sie machen werden, wenn sie nicht mehr von der Gesellschaft gebraucht werden.
Das sind zwar die falschen Fragen für den Herrn Professor, sind aber die interessanteren Fragen bezüglich Nutzung von KI und Robotern.