Das Bild zeigt ein Buchcover.
Förster Martin Janner steht im Wald. Wie der in Zukunft aussehen muss, um den Klimawandel halbwegs zu verkraften, erklärt er in "Der Wald der Zukunft". Bildrechte: Piper Verlag

Wissen, was wir lesen Der Wald der Zukunft

10. Oktober 2023, 10:12 Uhr

"Der Wald der Zukunft" vermittelt uns, wie sehr unsere Wälder durch den Klimawandel künftig gefährdet sind – und wie stark die Auswirkungen bereits in den vergangenen Jahren waren. Förster Martin Janner erzählt, wie sich sein Beruf verändert hat und was wir unternehmen können, um unsere Wälder zu retten.

Junge Frau schaut frontal in die Kamera.
Bildrechte: MDR

An wen richtet sich das Buch?

Dieses Buch sollten Sie unbedingt an Menschen verschenken, die keinerlei emotionalen Bezug zum Wald haben, denn: "Der Wald der Zukunft" könnte das ändern. Autor Martin Janner ist selbst Förster und erzählt so eindringlich vom Kampf um unsere Wälder, es wird sich niemand entziehen können.

Ein tolles Match ist diese Neuerscheinung aber auch für alle, die den Wald vor ihrer Haustür lieben – und sie sich vielleicht hin und wieder die Frage stellen, warum bestimmte Bäume gefällt wurden. Selten wurde forstwirtschaftliche Arbeit so umfassend und nachvollziehbar erklärt.

Welcher "Wald-Aspekt" steht im Mittelpunkt?

Es geht darum, wie der Klimawandel unsere Wälder gefährdet, warum der Verlust dieser Wälder ein Problem ist und was wir unternehmen können, um sie angesichts der klimatischen Veränderungen widerstandsfähiger zu machen.

Das Bild zeigt den Stamm einer Buche.
Bis diese Buche so einen kräftigen, astfreien Stamm entwickeln konnte, sind viele Jahrzehnte vergangen. Bildrechte: Martin Janner

Es geht um Trockenheit, Borkenkäfer und Waldbrände – alles Themen, die für viele wohl nicht mehr ganz neu sind. Dennoch hatte ich bei Janners Schilderung des trockenheitsbedingten Todes einer 140 Jahre alten Buche das Gefühl, erstmals so richtig zu verstehen, welches Naturerbe wir verlieren werden. Bäume, die bereits in unseren Wäldern standen, als das Deutsche Kaiserreich ausgerufen wurde, können mit den klimatischen Veränderungen der vergangenen Jahre nicht mehr Schritt halten. "Alleine auf die Selbstheilungskräfte der Waldökosysteme zu hoffen reicht schon lange nicht mehr aus", betont Janner an diesem Punkt. Ein Fünftel der von ihm betreuten Waldfläche sei seit 2018 durch Trockenheit und Hitze zerstört worden. Aktuell sorge er sich besonders um die noch halbwegs intakten Buchenwälder in seinem Revier.

Spannend ist auch, wie Martin Janner von seinen ersten Berührungspunkten mit dem Klimawandel erzählt. Bereits in den 1980er-Jahren hatte er den ersten Vortrag zum Thema gehört. Die damals vorgestellten Modelle hätten den eingetretenen Temperaturanstieg fast aufs Grad genau vorhergesagt.

Was ist an dem Buch besonders?

Literatur über Bäume und Wälder scheint mitunter die Esoterik des mittelalten Mannes zu sein. Mir fallen zahlreiche Bücher ein, in denen Bäumen beinahe übermenschliche Gefühle und Eigenschaften zugeschrieben werden. Das ist hier nicht der Fall. "Der Wald der Zukunft" vermittelt durchaus Emotionen, bleibt dabei aber immer sachlich, konstruktiv und wissenschaftlich fundiert. Kein Kitsch!

Darüber hinaus ist "Der Wald der Zukunft" überaus bildhaft. Sei es, wenn der trockene Wald mit einer Tüte Kartoffelchips verglichen wird ("crunchy!") oder die Gefühlslage des Försters bei der Kontrolle des Fichtenbestandes nach einem Sturm. "Das Gefühl, das einen beschleicht, wenn der Sohn aus der Schule kommt und man weiß, dass er heute eine Mathearbeit zurückerhalten hat".

Wer hat das Buch geschrieben?

Das Bild zeigt ein Pferd, das Holzstämme aus dem Wald zieht.
Rückepferd "Magnus" bei der Arbeit. Bildrechte: Martin Janner

Martin Janner ist seit 1997 Förster in einem Gemeinderevier zwischen Mainz und Koblenz, aktuell verwaltet er 1.500 Hektar Wald. 2023 wurde Janner zum "Förster des Jahres" gekürt – und zwar auch wegen seines öffentlichen Engagements für eine klimastabile Forstwirtschaft.

Auf seinem Instagram-Kanal @forstrevier.oberwallmenach gibt er Einblicke in seinen Berufsalltag als Förster. Beispielsweise, dass er in seinem Revier häufig mit dem Lastenrad unterwegs ist und den ein oder anderen Baumstamm noch ganz traditionell mit dem Rückepferd aus dem Wald bugsiert.

Wie verständlich ist das Buch?

Obwohl der Autor selbst seit mehreren Jahrzehnten als Förster arbeitet, ist das Buch für absolute Forst-Laiinnen und Laien verständlich und zugänglich. Was gar nicht selbstverständlich ist, denn normalerweise bedient sich die Forstwirtschaft eines recht elaborierten Fachjargons. Dieser kommt hier nicht vor und auch sonst werden immer wieder Anknüpfungspunkte für "Normalos" gegeben. Nicht nur auf inhaltlicher Ebene, sondern auch emotional macht "Der Wald der Zukunft" den Beruf des Försters begreifbar.

In welcher Situation liest sich das Buch am besten?

Ich habe dieses Buch mit großer Leidenschaft im Park um die Ecke gelesen. Mit Blick ins Grüne lassen sich direkt einige vorgestellte Baumarten identifizieren. Und die ersten Alarmsignale. Fallende Blätter, harzende Rinde, lichte Kronen. Ist das der Klimawandel oder einfach nur der Herbst? Wer "Der Wald der Zukunft" gelesen hat, entwickelt womöglich ein ganz neues Auge für Bäume – und zugegebenermaßen vielleicht auch ein wenig Panik. Denn eigentlich könnten unsere Wälder eine tolle CO2-Senke im Kampf gegen den Klimawandel sein. In Anbetracht der heißen, trockenen Sommer in den vergangenen Jahren werden wir allerdings auch in Zukunft noch viele uralte Bäume verlieren.

Junge Frau schaut frontal in die Kamera.
Bildrechte: MDR

Inka Zimmermann Inka Zimmermann ist Autorin bei MDR WISSEN. Ihre Begeisterung für Forst-Themen wurzelt(!) in langen Waldspaziergängen und dem stundenlangen Beobachten ungestörter Natur. Sie hat allerdings auch schon mal einen Baum gefällt, ebenfalls eine prägende Erfahrung.

Links/Studien

Den Instagram-Kanal von Martin Janner finden Sie hier.

0 Kommentare