Cover von "Bäume, Wurzeln einer tiefen Verbindung"
Verrückter Geschichten aus der Welt der Mythen, Legenden und Sagen, die sich um bestimmte Bäume ranken: Die Wurzeln einer tiefen Verbindung zwischen Menschen und Bäumen. Bildrechte: Kosmos-Verlag

Wissen Was wir lesen Bäume. Über die Wurzeln einer tiefen Verbindung

10. Oktober 2023, 17:20 Uhr

Bäume graben sich mit ihren Wurzeln nicht nur tief ins Erdreich. Sie haben sich auch in den Alltag und die Sprache der Menschen verwurzelt, ind Mythologie und Märchen genausowie in Aberglaube und Heilkunde.

An wen richtet sich das Buch?

Alle, die bei den Begriffen Atmosphäre des Waldes, Stimmung im Wald oder Waldbaden nicht Reißaus nehmen, werden sich mit diesem Buch prächtig unterhalten. Wer sich gleich beim Titel abwendet, weil "die Wurzeln einer tiefen Verbindung" nach Esoterik klingen, hat Pech. Auf den ersten Blick ein nettes Wortspiel, das sich sprachlich an die Bücher des (umstrittenen) Peter Wohlleben anlehnt, beim zweiten Hinsehen aber anderes Wissen liefert: Nämlich wie Bäume in Mythologie und Leben der Menschen verwurzelt sind.

Welcher Waldaspekt steht im Mittelpunkt?

Ein Baum mit knorriger Wurzel.
Bildrechte: Conrad Amber

Wie sind Mensch und Baum miteinander verbandelt? Andreas Hase beschreibt jede Baumart als Persönlichkeit mit eigener Wesensart und ihre Wirkung auf diejenigen, die sich Muße nehmen, unter oder an diesem oder jenem Stamm zu verweilen. Die Erzählungen rund um die Bäume, wie sie sich in Mythologien, Legenden, Sagen, Märchen, Literatur, im Aberglauben, in der Sprache und in der Naturheilkunde Fuß gefasst haben: Das ist das, was Hase hier zutage fördert, verrückte Geschichten bisweilen. Zum Beispiel, welche Wirkung man sich in alten Zeiten von Kastanien erhoffte, je nachdem, ob man sie rechts oder links in der Hosentasche trug. Oder wie man Legenden zufolge früher versuchte, einen Kropf zu heilen: bei Neumond die Borke einer jungen Lärche abknabbern. Starb das Bäumchen, fiel auch der Kropf ab. Amüsante Anekdoten, Ausflüge in die Mythologie, in Aberglauben, gemischt mit Wissen über Bäume.

Wer sind die Autoren?

Wer sich Bäumen auf literarischer und spiritueller Ebene nähern will, ist bei Andreas Hase und Conrad Amber richtig. Hase hat bereits etliche Bücher veröffentlicht, in denen er das Wesen der Bäume ergründet. Co-Autor Conrad Amber, ist Fotograf und schreibt ebenfalls Bücher zu aktuellen Naturthemen.

Was lernt man?

Zweig eines Nadelbaums mit roten Blüten daran.
Bildrechte: Conrad Amber

In welcher Reihenfolge die Bäume im Laufe des Jahres blühen – eine schöne Grundidee. Auch die Verwendung verschiedener Holzarten, ihre Eigenschaften, ihre Wuchsgeschwindigkeit – interessante Fakten. Mythologie-Interessierte suchen vermutlich anderes und werden mit einem reichen Fundus an Geschichten, Göttersagen, Ritualen und abstrusen Episoden belohnt, in denen es um die mutmaßlichen, erhofften, überlieferten oder tatsächlichen Wirkweisen bestimmter Bäume, ihrer Früchte, Rinden, Blätter geht. Oder mit Hintergründen über die sprachliche Herkunft der Baumnamen und wie sich Bäume in den Alltag und die Sprache der Menschen verwurzelten – zum Beispiel wie die Linde als Gerichts- oder auch als Hexenlinde über Schicksale entschied, "judicium sub tilia" heißt es demnach auf vielen mittelalterlichen Rechtsurkunden: Hier wurde unter der Linde Recht gesprochen, oder was man dafür hielt.

Wie verständlich ist das Buch?

Das Buch ist grundsätzlich leicht zu lesen, wenn man sich nicht daran stört, dass die Autoren in ihrer Begeisterung für die Natur bisweilen tief ins Poetische greifen.

In welcher Situation sollte man das Buch lesen?

Zeit und Muße sollte man für das Werk mitbringen, es ist kein Buch für die Straßenbahn, wenn man vier Stationen von der Arbeit heimfährt und ein paar flotte Fakten abfangen will. Besser sind Bänke oder Baumstämme in Wäldern oder an trüben Herbsttagen mit einer Tasse Tee auf einer Couch: Man schlägt dabei leicht Wurzeln.

Liane Watzel
Bildrechte: Tobias Thiergen

Liane Watzel ist Online- und Radioautorin. In der Redaktion Wissen & Bildung, weil sie Neues aus der Forschung gern so übersetzt, dass jede/r sie beim ersten Lesen oder Hören versteht und anschließend sagt: "Ach so! Wie spannend! Jetzt versteh ich das! Das hab' ich nicht gewusst!"

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