Erdtrabant kühlt ab Der Mond schrumpft, bebt und wirft Falten

14. Mai 2019, 15:36 Uhr

Der Mond schrumpft - wenn auch nur sehr langsam. Aufnahmen und Messdaten der Raumfahrtbehörde NASA belegen, dass unser Trabant langsam kleiner wird. Und nicht nur das: Er hat offenbar auch eine aktive Tektonik. Das belegen Auswertungen von Daten über Mondbeben aus der Zeit der "Apollo"-Missionen. Die Beben wurden nun erneut mit modernen Analysemethoden ausgewertet. Insgesamt hat das Forscherteam um Thomas R. Watters vom Zentrum für Erd- und Planetenstudien des Smithsonian Institutes in Washington 28 Beben untersucht. Die Analyse ist im Fachblatt "Nature Geoscience" erschienen.

Ein Raumfahrzeug auf dem Mond, ein Astronaut steigt aus
Astronaut Alan L. Bean auf der Landekapsel der Mission Apollo 12, während der das erste Seismometer auf dem Mond installiert wurde. Bildrechte: NASA/JSC

Abkühlung im Inneren lässt Mond schrumpfen

Aber wie kommt es zu diesen Phänomenen? Eine Plattentektonik wie auf der Erde, bei der mehrere Krustenplatten ständig in Bewegung sind, gibt es auf dem Mond nicht.

Die Forscher haben eine andere Ursache ausgemacht: Das Innere des Mondes kühle nämlich aus. Dadurch habe er im Laufe mehrerer hundert Millionen Jahre etwa 50 Meter Durchmesser verloren.

Es sei wie bei einer Weintraube: Wenn die schrumpft und zu einer Rosine wird, dann wirft sie auch Falten. Im Gegensatz zur Weintrauben-Schale ist die Mondoberfläche aber fest und bricht deshalb beim Schrumpfen des Mondes, so die Forscher. Dabei sollen die Krustenteile sich auch über benachbarte Teile geschoben haben. Sie nennen das "Schubfehler".

Unsere Analyse liefert den ersten Beweis dafür, dass diese 'Fehler' immer noch aktiv sind und wahrscheinlich auch heute noch Mondbeben verursachen, wenn der Mond allmählich abkühlt und schrumpft.

Dr. Thomas Watters, Smithsonian National Air and Space Museum

Diese Verwerfungsspalten ähnelten von der Mondoberfläche aus betrachtet kleinen stufenförmigen Klippen. Sie sind in der Regel mehrere Meter hoch und erstreckten sich über mehrere Kilometer. Während der "Apollo 17"-Mission sind die Astronauten Eugene Cernan und Harrison Schmitt mit ihrem Mondover im Zick-Zack über so eine Wand fahren - die Klippenwand des Lee-Lincoln-Steilhangs.

Mondbeben an geologisch jungen Brüchen

Vor etwa zehn Jahren hatte die NASA-Mondsonde "Lunar Reconnaissance Orbiter" (LROC) solche Brüche entdeckt, die geologisch relativ jung zu sein schienen. Lange war aber unklar, wann es die tektonische Aktivität gegeben hatte.

Doch auch hier bietet die Analyse jetzt Abhilfe: Acht der 28 aufgezeichneten Beben haben sich den Smithsonian-Forschern zufolge in geringerer Tiefe und in der Nähe geologisch junger Bruchzonen ereignet - genauer gesagt in einem Umkreis von etwa 30 Kilometern. Das sei nah genug, um sie auf die tektonischen Verschiebungen zurückzuführen.

Hinzu komme, dass sechs der acht Beben stattgefunden hätten, als der Mond nahe oder an dem Punkt seiner elliptischen Laufbahn befunden habe, an dem der am weitesten von der Erde entfernt ist. Das erhöhe den Gezeitenstress durch die Schwerkraft der Erde und mache Brüche in der Mondkruste wahrscheinlicher.

Dies zeigt, dass die Apollo-Seismometer den schrumpfenden Mond aufgezeichnet haben und der Mond immer noch tektonisch aktiv ist.

Dr. Thomas Watters, Smithsonian National Air and Space Museum

Die Astronauten der bemannten "Apollo"-Mondmissionen 12, 14, 15 und 16 hatten vier Seismometer auf dem Erdtrabanten hinterlassen, die seismische Aktivität auf dem Mond aufgezeichnet haben. In den Jahren 1969 bis 1977 registrierten die Instrumente insgesamt 28 Mondbeben, die auf der Erde eine Stärke zwischen 2 und 5 (ab 5 wackeln die Möbel) auf der Richterskala gehabt hätten, so die Forscher.

Es ist wirklich bemerkenswert zu sehen, wie Daten von vor fast 50 Jahren und von der LROC-Mission kombiniert wurden, um unser Verständnis des Mondes zu verbessern, und zu zeigen, wohin zukünftige Missionen gehen sollten, um die inneren Prozesse des Mondes zu untersuchen.

John Keller, Goddard Space Flight Center der NASA

Auch "Mondmeere" haben aktive Tektonik

Die aktive Mondtektonik umfasst offenbar sogar Bereiche des Trabanten, die Wissenschaftler lange für "tot" gehalten haben - gab es die letzte geologische Aktivität doch anscheinend zu Zeiten lange bevor die Dinosaurier die Erde bevölkert haben. Doch das war offenbar ein Trugschluss, wie Bilder der LROC-Mondsonde nun zeigen.

NASA-Experten haben dazu mehr als 12.000 Bilder analysiert und festgestellt, dass es in mindestens einem "Mondmeer" genauso viele Risse und Verwerfungen gibt wie auf anderen Teilen des Mondes: Mare Frigoris (das Kalte Meer) im Norden der Vorderseite des Mondes. Der NASA zufolge ein weiterer Beleg dafür, dass der Mond eine sich aktiv verändernde Welt ist.

Mare (Mond) (von lat. Meer) sind dunkle Tiefebenen auf dem Mond. Sie nehmen eine Fläche von fast 17 Prozent des Mondes ein, wobei ihre Verteilung sehr ungleichmäßig ist: Die Mehrzahl liegt auf der der Erde zugewandten Seite des Mondes. Ihre Form sorgt für das so genannte "Mondgesicht". Tatsächlich sind die Mare keine Meere, sondern erstarrte Lavadecken im Innern von kreisförmigen Becken und unregelmäßigen Einsenkungen, die in der Frühphase des Mondes vor Milliarden von Jahren entstanden sind. Wikipedia

Die NASA-Bilder zeigen demnach "Faltenkämme" - also gekrümmte Hügel und flache Gräben, die ebenfalls auf der Mondoberfläche entstünden, wenn sich der Trabant abkühlt und schrumpft. Das hat eine Analyse des NASA-Teams um Nathan Williams vom Jet Propulsion Laboratory in Pasadena ergeben. Es sei der erste Nachweis solcher "Faltenkämme" innerhalb von Mare-Becken. Außerdem sei anzunehmen, dass einige nicht älter als 40 Millionen Jahre sind.

In Mare Frigoris haben Wiliams und sein Team Tausende solcher tektonisch erzeugter Merkmale gefunden, schreibt die NASA. Während sich der Boden unter dem Becken verschiebe, drücke er Kämme nach oben, die sich über mehrere Kilometer über die Mondoberfläche schlängeln. Die Längsten erstrecken sich über 400 Kilometer - also mehr als die Entfernung zwischen Leipzig und Hamburg - und seien bis zu 333 Meter hoch. Durch das tektonische Drücken und Ziehen der Mondkruste würden auch geschwungene Hügel geformt, überlappende Abhänge und flache Gräben.

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Die Faszination am kosmischen Geschehen ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit und immer wieder gibt es Geschichten über die Einflüsse der Sterne oder des Mondes auf die Erde.

Mo 15.07.2019 15:20Uhr 01:51 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/bissenwissen/Bissen-Wissen-kann-mond-erdbeben-ausloesen100.html

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Di 25.05.2021 11:14Uhr 00:57 min

https://www.mdr.de/wissen/was-ist-ein-supermond-100.html

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 03. März 2019 | 07:22 Uhr