Wille: Pressefreiheit ist ein Gradmesser der Demokratie

03. Mai 2019, 09:35 Uhr

Appell zum Tag der Pressefreiheit / Wieder mehr Übergriffe gegen Medienschaffende.

Prof. Dr. Karola Wille - Intendantin des MDR
Bildrechte: MDR/Kirsten Nijhof

"Einschüchterung und Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten haben im vergangenen Jahr nach einer kurzen Phase der Beruhigung wieder zugenommen. Neben Übergriffen gewaltbereiter Demonstranten sind in einigen Ländern auch wieder Berichterstatterinnen und Reporter festgesetzt und inhaftiert worden oder wurden von staatlichen Stellen drangsaliert."

Mit diesem nüchternen Befund zum 25. Internationalen Tag der Pressefreiheit machte MDR-Intendantin Karola Wille als Vorsitzende der deutschen Sektion des Internationalen Presse Instituts (IPI) darauf aufmerksam, dass die journalistische Arbeit in vielen Ländern der Welt mit Risiken für Leib und Leben verbunden sein kann. Dies gelte zunehmend auch für Länder in Europa, in denen die Medienschaffenden öffentlichen Anfeindungen ausgesetzt seien. Die Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen" hat erst vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass sich die Lage der Pressefreiheit in Europa insgesamt verschlechtert habe und Medienleute in Deutschland zunehmend bei Veranstaltungen bedroht würden.

Kommentar der Intendantin hierzu: "Übergriffe gegen Menschen, die frei und unabhängig von Veranstaltungen berichten wollen, sind Angriffe auf die Werte, für die unsere Demokratie steht."

Wille: "Medienfreiheit ist ein Gradmesser für den inneren Zustand einer demokratischen Gesellschaft. Wenn Journalistinnen und Journalisten bei öffentlichen Veranstaltungen und im Internet offener Hass entgegenschlägt, wenn sie wegen kritischer Fragen und Äußerungen eingeschüchtert werden, wenn Fotoreporterinnen und -reporter aus Angst mit Helm zu Veranstaltungen gehen, wenn Medienleute Begleitschutz brauchen, um in der Öffentlichkeit ihrer Arbeit nachzugehen, dann ist das für uns alle Anlass zu größter Besorgnis."

Vielerorts sei in Vergessenheit geraten, dass die Menschen in Ostdeutschland und in den osteuropäischen Nachbarländern vor drei Jahrzehnten gegen politisch abhängige Medien und für den freien Zugang zu Informationen auf die Straße gegangen seien und damit sogar staatlich beherrschte Strukturen zum Einsturz gebracht hätten. Die Freiheit der Medien sei ein konstitutives Gut einer freien Gesellschaft.

MDR-Intendantin Karola Wille hat den Vorsitz des deutschen Nationalkomitees des Internationalen Presse Institutes (IPI) Anfang dieses Jahres übernommen. Das IPI ist ein weltweites Netzwerk von Medienschaffenden, die sich gemeinsam für qualitativ hochwertigen, unabhängigen Journalismus einsetzen. Das IPI tritt für die Medienfreiheit und den freien Nachrichtenfluss überall dort ein, wo sie bedroht sind. Das Institut hat Beobachterstatus bei verschiedenen internationalen Gremien wie UNO, UNESCO und Europarat.

Mit dem von der UNESCO ausgerufenen Internationalen Tag der Pressefreiheit wird seit dem 3. Mai 1994 jährlich weltweit auf Verletzungen der Pressefreiheit und auf die Bedeutung einer ungehinderten freien Berichterstattung für ein demokratisches Gemeinwesen aufmerksam gemacht.

Vor wenigen Wochen hat das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF), mit dem der MDR regelmäßig zusammenarbeitet, in seinem Jahresbericht für 2018 insgesamt 26 Attacken gegen Journalistinnen und Journalisten in Deutschland und damit eine erneute Zunahme tätlicher Angriffe gegenüber Medienschaffenden ausgewiesen. Die weit überwiegende Anzahl der gewaltsamen Angriffe habe sich am Rand von politisch motivierten Protestveranstaltungen rechtsgerichteter Gruppierungen ereignet.