Eine Familie im Wohnmobil am Strand
Urlaub mit Wohnmobil – für immer mehr Familien ist das eine gute Wahl. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Tipps und Checkliste Gebraucht oder neu? Was Sie beim Kauf von Wohnmobil und Wohnwagen beachten sollten

19. April 2023, 10:30 Uhr

Neue Wohnmobile haben lange Lieferzeiten und sind so teuer wie eine kleine Eigentumswohnung. Gute Gebrauchtfahrzeuge sind rar und deshalb schnell weg vom Markt. Dabei spielt es keine Rolle, ob man ein Wohnmobil oder einen Wohnwagen sucht. Autoexperte Andreas Keßler erklärt, was es vor dem Kauf zu bedenken gilt und auf welche Details Sie unbedingt achten sollten.

Andreas Keßler
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Sie wollen einen "Gebrauchtwagen" kaufen? Dann bedenken Sie: Ein modernes Wohnmobil ist technisch nicht weit von einer modernen Wohnung entfernt. Ein einfacher "Gebrauchtwagen-Check" reicht vor dem Kauf bei weitem nicht aus.

Darauf sollten Sie beim Kauf von Wohnmobil bzw. Wohnwagen achten:

  • Neben einer gültigen Hauptuntersuchung gehört zu einem einsatzbereiten Campingmobil eine gültige Abnahme der Gasanlage, frische Reifen (keine "Standreifen") und eine gründliche Inspektion des Fahrzeuges vom Fachmann.
  • Wer kein "Selbermacher" ist, sollte ein gebrauchtes Modell einer Marke erwerben, die noch existiert. Klassiker mögen billig sein, die Ersatzteilsuche kann einen dann aber verrückt machen.
  • Keine Wohnmobile mit exotischen Basisfahrzeugen wählen. Wenn ein Kastenwagen schon als Klempnerfahrzeug ständig liegen bleibt, wird das mit Wohnmobilaufbau nicht anders sein.

Wohnmobil und Wohnwagen: Das ist der Unterschied Ein Wohnmobil ist ein Fahrzeug, dessen Ausstattung zum Wohnen geeignet ist. Wohnmobile werden auch als Camper oder Reisemobil bezeichnet und sind teurer als Wohnwagen.

Wohnwagen sind ebenfalls zum Wohnen ausgestattet, haben aber keinen eigenen Antrieb. Sie müssen von einem Pkw gezogen werden. Wohnwagen werden auch als Campinganhänger, Wohnanhänger oder Caravans bezeichnet.

Zwei Mädchen essen Marshmallows vor einem Wohnwagen.
Ein Wohnwagen (Bild) ist billiger als ein Wohnmobil. Schöne Urlaube kann man mit beiden verbringen. Bildrechte: IMAGO / Westend61

Wohnmobil vs. Wohnwagen

Wohnmobile sind zwar deutlich teurer als Wohnwagen, dafür kann man mit Ihnen (natürlich richtig beladen) flotte Reiseschnitte erzielen. Das Tempo 80/Tempo 100-Limit gilt für sie nämlich nicht. Nicht nur deshalb boomt das Wohnmobil-Segment und mit ihm die Preise.

Wie bei den Wohnwagen gibt es auch bei Wohnmobilen Gewichtsgrenzen. Die sind mit zu viel Gepäck schnell überschritten, vor allem bei den modernen großen Heckgaragen. Wenn vorhanden, sollte dieser Stauraum aber wenigstens zwei Fahrräder fassen, sonst ist der zu zahlende Aufpreis zu hoch. Manchmal passt sogar ein kompletter Motorroller ins Heck. Dann muss allerdings die Bodenkonstruktion der Heckgarage entsprechend stabil sein, was den Preis in die Höhe treibt.

Für beide Fahrzeug-Kategorien gelten zum Teil schwer verständliche gesetzliche Regeln, die eingehalten werden müssen (und die in der Ferienzeit auch kontrolliert werden!). Grundsätzlich gilt: Gewicht und Länge des Fahrzeugs sind entscheidend für das Fahrverhalten und die Manövrierfähigkeit. Hier gilt: Je kürzer, desto besser. Ähnlich sieht es bei den Gebühren für Tunnel, Autobahnen und Fähren aus. Dort gilt: Je länger, desto teurer!

Tipps für den Kauf

Um beim Kauf erfolgreich zu sein, gibt es einiges zu beachten. Generell gilt: Bloß keine Spontankäufe! Erstellen Sie eine Liste, was Ihnen wichtig ist, und setzen Sie sich ein Preislimit.

Zunächst sollte man wissen, worauf es einem beim Wohnmobil/Wohnwagen ankommt – egal ob gebrauchtes Modell oder neues Fahrzeug.

Wichtige Fragen sind z. B.:

  • Wie viele Menschen sollen mitkommen und wie viele Schlafplätze sind für die Reise nötig?
  • Worauf kann man beim Camping überhaupt nicht verzichten und was muss Teil der Grundausstattung sein?
  • Wie groß oder klein soll zum Beispiel der Kühlschrank sein?
  • Braucht man eine Markise am Wohnanhänger?
  • Gibt es bereits ein Auto mit Anhängerkupplung, der das zulässige Gesamtgewicht des gewünschten Wohnanhängers ziehen kann/darf? 

Weiß man, was die eigenen Anforderungen sind, kann man sich Angebote einholen. 

Checkliste für den Gebraucht-Kauf

1. Eckdaten und Fahrzeugpapiere

FAHRZEUGIDENTIFIKATIONSNUMMER

Gehören Wohnanhänger und Papiere zusammen? Dazu müssen Fahrzeugidentifikationsnummer (kurz FIN, früher Fahrgestellnummer) Gesamtgewicht, Stützlast und Achslast im Schein mit dem Fahrzeug übereinstimmen. So kann ein Diebstahl ausgeschlossen werden. In der Regel ist die FIN des Caravans an der Deichsel zu finden. 

GASPRÜFUNG DES WOHNWAGENS

Die Eintragung zur Gasprüfung (alle zwei Jahre) sollte eine Restlaufzeit haben. Überprüfen lässt sich das im Gasprüfheft und auf der Plakette neben dem Kennzeichen. Gasdruckregler und Schlauchleitungen müssen alle zehn Jahre ersetzt werden. Hinweis: Die Gasprüfung ist seit dem 1. April 2022 nicht mehr Teil der Hauptuntersuchung (HU). Daher gelten künftig neue Check-up-Zyklen. Wie oft die Gasprüfung absolviert werden muss, steht derzeit noch nicht fest. 

HAUPTUNTERSUCHUNG (HU)

Wann muss das Fahrzeug zur nächsten Hauptuntersuchung? Achtung: Bei vertrauenswürdigen Verkäufern gibt es eine ausreichende Restlaufzeit von mindestens 14 Monaten.

Außerdem sollte man sich den letzten Prüfbericht zeigen lassen. Denn es ist möglich, dass das Wohnmobil bzw. der Wohnwagen beim letzten TÜV nur gerade so durchgekommen ist, jedoch viele Reparaturen nötig sind, damit auch die nächste Plakette wieder ausgestellt wird.

2. Außenzustand prüfen

DEICHSEL

Das Stützrad, das Abreißseil und die Schlingerdämpfung des Wohnwagens sollten beim Kauf geprüft werden. Ohne Schlingerdämfpung verliert man die 100er km/h-Zulassung.

REIFEN

Das Reifenprofil lässt sich ganz einfach mit einer Zwei-Euro-Münze kontrollieren. Verschwindet der silberne Rand im Profil, ist die Mindestprofiltiefe vorhanden. Die Zahlen auf den Reifen müssen mit dem Fahrzeugschein übereinstimmen.

DICHTUNGEN

Fehlt Dichtmasse an der Karosserie? Besonders wichtig: An Dach und Fenstern kontrollieren, da hier leicht Wasser eindringen kann.

DACH

Hat das Dach Risse oder Schäden? Ein Glattblech-Dach ist im Vergleich zu einem GfK-Dach empfindlich für Hagelschäden und sollte genau angeschaut werden.

FENSTER/TÜREN

Fenster auf grobe Kratzer überprüfen und checken, ob sie bündig in den Rahmen einpassen. Sind die Scharniere, Aufsteller und Verschlüsse in Ordnung? Gibt es Schimmel oder Stockflecken in der Dichtungslippe? Alle Fenster und Türen mindestens einmal öffnen und schließen.

GASLEITUNGEN

Sind Gasdruckregler und Schlauchleitungen in Ordnung? Wie groß ist die Restlaufzeit vor dem nächsten Austausch (alle zehn Jahre)? Sind Schlauchbruchsicherung und Crash-Sensor vorhanden?

3. Innenzustand prüfen

KASSETTEN-TOILETTE

Ist das Fach der Toilette gegenüber der Karosserie gut abgedichtet? Wie gut sieht der alte Toilettentank noch aus?

WASSERTANK (FRISCHWASSER UND GRAUWASSER)

Ist der Tank und die Tauchpumpe zum Reinigen gut erreichbar? Alle Wassertanks, sowohl für Frischwasser als auch für Abwasser, sollten auf Verschmutzungen überprüft werden.

BAD

Die Dusche und Duschwanne entlang der Kanten und am tiefsten Punkt auf Risse kontrollieren. Liegt die Wanne gut auf? Die Ersatzteile älterer Modelle sind nicht immer leicht zu bekommen, daher sollten Risse ausgeschlossen werden.

FEUCHTIGKEIT

Bei gebrauchten Modellen mit das wichtigste Thema: Versteckte Feuchtigkeit aufgrund von Wasserschäden oder Undichtigkeiten. Daher sollte man genau nachsehen, z. B. an den Kanten hinter und in den Schränken. Hier am besten mit der Taschenlampe genau nach Wasser- und Stockflecken kontrollieren.

An die laufenden Kosten denken

Für jeden Kauf, egal ob neu oder gebraucht, gilt: Vor der Kaufentscheidung die Nebenkosten beachten. Ein Wohnwagen kostet wenig an Steuern und Versicherung, dafür braucht man einen Stellplatz. So lange ein Wohnwagen angekuppelt ist, dürfen Pkw und Campinganhänger ohne Zeitbegrenzung am Straßenrand geparkt sein. Abgekoppelte Wohnwagenanhänger dürfen in Wohngebieten parken, aber nicht länger als zwei Wochen auf ein und demselben Parkplatz. Der Stellplatz ist bei einem angemeldeten Wohnmobil nicht unbedingt nötig (aber empfehlenswert und dabei teuer), dafür verlangen Fiskus und Versicherer ihren Obulus.

Für Wohnmobil und Wohnwagen müssen wie fürs Auto Steuer und Haftpflichtpolice gezahlt werden – beides zusammen kostet für einen Wohnwagen etwa 100 Euro pro Jahr. Dazu kommen die Wartungskosten, denn auch Wohnmobil und Wohnwagen müssen alle zwei Jahre zum TÜV. Außerdem ist es sinnvoll, eine Teil- oder Vollkasko- sowie eine Campingversicherung abzuschließen.

Mehr vom Auto-Experten

MDR (lk)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 19. April 2023 | 17:00 Uhr

Mehr aus dem Bereich Mobilität

Weitere Ratgeber-Themen