Eine Spielzeugfigur sitzt, im Rollstuhl, im Vorgarten eines Spielzeughauses, dass auf Geldscheinen steht.
Die Werbung suggeriert, seine Immobilien zum Teil zu verkaufen und mit einem Haufen Geld das Alter genießen. Aber ist das wirklich so? Bildrechte: imago/Revierfoto

Miete zahlen in der eigenen Immobilie Mehr Geld im Alter? Vorsicht beim Teilverkauf von Wohnung oder Haus

27. Juni 2023, 09:00 Uhr

Viel Werbung wird aktuell für den sogenannten Teilverkauf von Immobilien gemacht. Gerade für ältere Menschen soll er finanziell attraktiv sein. Die Idee: Eigentümer verkaufen einen Teil ihres Hauses, bekommen sofort Geld und können trotzdem im Haus wohnen bleiben. Doch viele Experten raten ab, denn es drohen hohe Kosten. Wie der Teilverkauf funktionieren soll und welche besseren Alternativen es gibt, erklärt Finanzexperte Hermann-Josef Tenhagen.

Hermann-Josef Tenhagen von Finanztip
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Hermann-Josef Tenhagen 17 min
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Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Immobilie. Diese ist zwar abbezahlt, doch jetzt stellen Sie fest, dass Ihnen im Alter eigentlich nicht genug Geld zum Leben bleibt. Schon gar nicht für all die schönen Pläne, die Sie vor dem Ruhestand gemacht haben. Wie wäre es, einfach einen Teil des Hauses zu verkaufen und trotzdem darin wohnen zu bleiben? Das ist ein ziemlich neues Konzept, heißt Teilverkauf und wird aktuell oft beworben. Aber taugt es auch?

Für den Finanzexperten ist es klar: "In den meisten Fällen kann ich dazu eigentlich nicht raten. Aus gleich mehreren Gründen: Erstens gibt es wirtschaftlich oft bessere Lösungen, mit weniger Risiko und ähnlichem Vorteil, die den gleichen Komfort bieten. Und zweitens sind die Kosten der Modelle zurzeit sehr hoch. Sogar die Finanzaufsicht BaFin warnt ausdrücklich vor den Fußangeln des Teilverkaufs."

So funktionert der Teilverkauf der Immobilie

Im Wesentlichen funktioniert das Konzept so: Sie verkaufen einen Teil des Eigenheims – maximal 50 Prozent – an einen der Anbieter. Sie erhalten den Kaufpreis auf einen Schlag oder manchmal auch in Raten ausbezahlt und mieten den eben verkauften Teil des Eigenheims zurück. Sie zahlen also einen festen Betrag, das sogenannte Nutzungsentgelt für den verkauften Teil.

Mit dem restlichen erhaltenen Geld können Sie im Prinzip tun, was Sie wollen. Die Weltreise planen, dem Enkel das Studium finanzieren oder die neue Heizung einbauen. Auf den ersten Blick hat der Teilverkauf so einige Vorteile

  • Da Sie nur einen Teil der Immobilie verkaufen, bleiben Sie Miteigentümer. Anders als bei der Leibrente hat das den Vorteil, dass die Immobilie nach wie vor (zum Teil) Ihnen gehört und damit noch als Erbe bestehen bleibt. 


  • Im Gegensatz zu einem normalen Verkauf können Sie beim Teilverkauf die Veräußerung auch wieder rückgängig machen: Den verkauften Teil können Sie beziehungsweise Ihre Erben wieder zurückkaufen. Aber: Wenn die Immobilie im Wert gestiegen ist, müssen Sie unter Umständen mehr bezahlen, als Sie vorher als Kaufpreis erhalten haben.


  • In der Regel vereinbaren die Anbieter mit Ihnen ein Nießbrauchsrecht. Das heißt, Sie dürfen die gesamte Immobilie, auch den verkauften Teil, wie gewohnt nutzen. Sollten Sie später einmal in ein Seniorenheim umziehen, können Sie die Immobilie auch vermieten und die Mieteinnahmen komplett behalten. 

Ein junger Mann steht neben einer älteren Frau, die an einem Tisch sitzt
Ein Teilverkauf ist nur in absoluten Ausnahmen sinnvoll. Wichtig: die Verträge gut prüfen lassen und Risiken abwägen. Bildrechte: Colourbox.de

Vier Fallstricke, auf die Sie unbedingt achten sollten

Die Miete bzw. das Nutzungsentgelt kann sehr teuer werden
Es stellt sich durchaus die Frage, wie lange das Geld reichen wird, dass Sie bekommen haben. Mindestens müssen Sie neben ihren Lebenshaltungskosten auch das Nutzungsentgelt, also die Miete für die verkaufte Haushälfte, aufbringen können. Die Höhe dieser Miete hat sich mit den gestiegenen Zinsen deutlich erhöht und liegt bei den aktuellen Modellen zwischen fünf und sieben Prozent des Wertes der Immobilienhälfte pro Jahr. War die verkaufte Hälfte also z.B. 150.000 Euro wert, müssen Sie mit einem Nutzungsentgelt von 7.500 bis 9.000 Euro im Jahr, oder bis zu 750 Euro im Monat rechnen.

Der Verkäufer zahlt beim Teilverkauf weiterhin alle Kosten an der Immobilie
Gleichzeitig bleiben Sie als Teilbesitzer für den Zustand des Hauses verantwortlich. Sie müssen sich also um Instandsetzungsarbeiten und die Grundsteuer kümmern. Bei größeren Instandsetzungs- und Modernisierungsprojekten müssen Sie sich zudem darum kümmern, dass auch der Käufer der anderen Haushälfte sich daran beteiligt.   

Der Rückkauf der Teilimmobilie kann mehr kosten, als Sie denken
Was passiert, wenn Sie oder Ihre Kinder das Geschäft rückabwickeln wollen? Wie teuer ist das und wer hat die wirtschaftlichen Vorteile? In den Verträgen ist für den Käufer meist eine Wertsicherungsklausel vorgesehen. Wollen Ihre Kinder also zurückkaufen, müssen Sie mindestens 17 Prozent mehr bezahlen, als Sie damals bekommen haben. Nicht so schlimm, wenn der Wert der Immobilie gestiegen ist. Wenn der Immobilienpreis jedoch gefallen ist, wird daraus ganz schnell ein denkbar schlechtes Geschäft.

Zwangsversteigerung bei insolventem Teilkäufer möglich
Grundsätzlich besteht auch immer das Risko, dass der Teilkäufer pleite geht. Wie verteilen sich die Risiken dann? Die BaFin warnt, "... eine Insolvenz des Teilkäufers kann ein erhebliches Risiko für Sie darstellen. Möglicherweise wird die Immobilie dann zwangsversteigert. Was im Zwangsversteigerungsfall passiert, hängt jeweils von den in Ihrem Vertrag getroffenen Regelungen ab und davon, wie Ihr Nutzungsrecht im Grundbuch abgesichert ist.“

Symbolbild Hausversteigerung - Richterhammer
Ist der Teilkäufer insolvent, kann schnell eine Zwangsversteigerung der eigenen vier Wände drohen. Bildrechte: IMAGO

Alternative: Verkauf mit Wohnrecht statt Teilverkauf

Geht es nur um eine Summe für die Renovierung des Hauses, ist häufig ein einfacher Immobilienkredit die bessere Lösung.

Wer kurzfristig Geld braucht, aber keinen Teilverkauf möchte und auch kein Hypothekendarlehen will, könnte seine Immobilie komplett verkaufen und dabei mit dem Käufer ein lebenslanges Wohnrecht – mit Mietzahlungen – vereinbaren. Das kann manchmal die einfachste Lösung sein. Hier gibt es zunächst zwar deutlich weniger Geld, aber einen garantierten Zahlungsstrom Ihr Leben lang, entweder indem Sie weiter mietfrei wohnen können oder indem Sie die monatliche Miete für Ihre Zwecke ausgezahlt bekommen – zum Beispiel, um einen Pflegeheimplatz zu finanzieren.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 27. Juni 2023 | 17:00 Uhr

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