Geräte zur Messung von Feinstaub und Stickoxiden auf einer Luftmessstelle an einer viel befahrenen Straße.
Der Verkehrssektor ist einer der Hauptverursache von Luftschadstoffen wie Feinstaub, Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Feinstaub und Co. Deutschland kann schärfere Grenzwerte für Luftqualität wohl einhalten

22. Februar 2024, 13:21 Uhr

In der EU gehen jedes Jahr rund 300.000 frühzeitige Todesfälle auf Luftverschmutzung zurück. In der EU sollen deshalb künftig verschärfte Standards bei Luftschadstoffen wie Feinstaub oder Schwefeldioxid gelten. Was bringen die geplanten Grenzwerte, und sind sie überhaupt realistisch?

Carolin Voigt, Reporterin, Redakteurin und Sprecherin
Bildrechte: MDR/Karsten Möbius

Zu den gefährlichsten Luftschadstoffen zählen Feinstaub, Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid. Hauptverursacher sind fossile Brennstoffe, die im Straßenverkehr, in der Industrie, aber auch beim privaten Heizen etwa mit Holz freigesetzt werden.

Luftschadstoffe können je nach Größe unterschiedliche Krankheiten verursachen

Thomas Münzel ist Kardiologe an der Uniklinik Mainz und forscht seit Jahren zur tödlichen Wirkung von Luftschadstoffen. Gase und Partikel, die wir inhalieren, können je nach Größe verschiedene Schäden im Körper anrichten. "Wenn wir das inhalieren, dann kann der Ultrafeinstaub zum Beispiel über den Riechnerv direkt ins Gehirn gehen und dort Strukturen aktivieren, die akuten hohen Blutdruck auslösen können."

Größere Partikel gelangen Münzel zufolge in die Lunge und können dort beispielsweise eine Lungenentzündung verursachen. "Aber diese Partikel können auch von der Lunge in Blutgefäße überwandern und dann praktisch die Entzündungen im ganzen Körper verteilen, die ganzen Gefäße schädigen, mit anschließenden Entzündungsreaktionen, Gerinnungsaktivierung und langfristig dann Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen auslösen."

Neue Grenzwerte in Deutschland wohl größtenteils machbar

Die jetzt von der EU angepeilten Grenzwerte für Luftschadstoffe sind allerdings noch immer doppelt so hoch, wie die Werte, die die WHO empfiehlt. Ute Dauert vom Umweltbundesamt in Dessau betont, Grenzwerte seien immer ein Kompromiss zwischen dem, was für die Gesundheit wichtig sei und dem, was machbar sei.

Für die nächsten Jahre zeigt sich die Expertin für Luftqualität zuversichtlich: "Wir haben natürlich im Vorfeld schon einmal geschaut: Mit den Maßnahmen, die wir aktuell schon quasi durchführen oder die geplant sind, und dem, was in den Ländern noch gemacht werden könnte in vertretbarem Maße, kommen wir hin, dass wir in 2030 sehr wahrscheinlich nahezu überall – mit Ausnahme einiger weniger wirklich hochbelasteter Standorte – die Grenzwerte, die jetzt vorgeschlagen sind, einhalten."

Für Kommunen, die die Grenzwerte ab 2030 nicht einhalten, soll es Fristaufschub zwischen fünf und zehn Jahren geben – unter der Bedingung, dass sie angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen umsetzen. Fahrverbote gehören nicht dazu.

EU will Schadstoffausstoß bis 2050 auf Null reduzieren

Die Wirtschaft beklagt sich über die EU-Pläne. BDI-Vize-Geschäftsführer Holger Lösch spricht von "unzumutbaren Eingriffen" in die Wirtschaft. Die Grenzwerte bis 2030 einzuhalten, sei "völlig unrealistisch".

Wissen

Die Illustration zeigt eine junge Frau, die tief Luft holt und deren Haare im Luftzug wehen. Daneben der Schriftzug "Ich will saubere Luft" und der Hinweis, dass es sich um einen Podcast handelt. 33 min
Bildrechte: MDR/Jessica Brautzsch

"Panikmache" sei das, sagt dagegen Robin Kulpa von der Deutschen Umwelthilfe. Jeder Euro, der in bessere Luft fließe, führe zu Einsparungen im Gesundheitswesen. "Im Verkehrssektor brauchen wir nicht nur die reine Elektrifizierung des Verkehrs, sondern wir brauchen weniger Autos in unseren Städten. Wir brauchen kleinere und sparsamere Autos, die weniger wiegen und damit weniger Reifenabrieb haben. Aber vor allem braucht es mehr Fuß- und Radverkehr, mehr Bus und Bahn, die im Vergleich zum eigenen Auto sehr schadstoffarm sind. Im Bereich der Wärmeerzeugung brauchen wir einen klaren Fokus auf Wärmepumpen."

Bis 2050 soll es in der EU überhaupt keine Luftverschmutzung mehr geben.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 22. Februar 2024 | 06:38 Uhr

7 Kommentare

Goldloeckchen vor 12 Wochen

„Mir scheint, Grüne und SPD machen mit der Förderung von E-Autos und Wärmepumpen alles richtig. “

Was wird hier gefördert? 😂😂😂🇩🇪
Eautos, das war bei der CDU 😂😂😂🇩🇪


🙃😉☝️😂

Goldloeckchen vor 12 Wochen

„Aber 300.000 frühzeitige Todesfälle aufgrund der Luftverschmutzung sind auch nicht ohne.“

Das ist der Hammer schlechthin.
Bis das Problem geklärt ist, also von staatlicher Seite, sollte jeder selbst auf sich achten 😂😂😂🇩🇪

🙃😉☝️😂

Peter vor 12 Wochen

Das mag wohl richtig sein, Sonnenschein73.
Aber 300.000 frühzeitige Todesfälle aufgrund der Luftverschmutzung sind auch nicht ohne.
Und wenn die Energiewende tatsächlich dazu beiträgt, diese Zahl signifikant zu senken, haben E-Auto und Wärmepumpe auch in dieser Hinsicht einen guten Dienst gatan.

Mehr aus Politik

Hilfsgüter-Pier an der Küste Gazas verankert, aus der Vogelperspektive. 1 min
Hilfsgüter-Pier an der Küste Gazas verankert Bildrechte: Reuters
1 min 17.05.2024 | 11:24 Uhr

Die Streitkräfte der USA haben einen provisorischen Hafen für den Gazastreifen fertiggestellt. Der Behelfshafen soll die Lieferung von Hilfsgütern ermöglichen. Zunächst etwa 90 Lastwagen pro Tag, später 150.

Fr 17.05.2024 07:54Uhr 00:39 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/video-pier-hafen-gaza-us-hilf100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Putin besucht Xi Jingpin, sie schreiten eine Formation von Soldaten und Soldatinnen ab, auf einem roten Teppich. 1 min
Putin besucht Xi Jingpin Bildrechte: AP
1 min 17.05.2024 | 08:51 Uhr

Russlands Präsident Wladimir Putin ist zu einem zweitägigen Staatsbesuch in China eingetroffen. Empfangen wurde er von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping. Dieser sagte Putin eine enge Zusammenarbeit zu.

Do 16.05.2024 10:08Uhr 00:36 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/video-putin-china-xi-besuch100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Der Begriff Fake News ist auf eine Tastatur geschrieben 4 min
Bildrechte: imago images/Arnulf Hettrich
Polizisten auf Neukaledonien mit Gummigeschossen. 1 min
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ließ den Ausnahmezustand ausrufen und entsandte tausend zusätzliche Polizisten auf die Insel. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min 16.05.2024 | 20:31 Uhr

Im französischen Überseegebiet Neukaledonien 1.500 Kilometer östlich von Australien herrscht Ausnahmezustand. Präsident Emmanuel Macron rief den Ausnahmezustand aus und entsandte tausend zusätzliche Polizisten.

Do 16.05.2024 19:37Uhr 01:18 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/politik/video-neukaledonien-frankreich-ausschreitungen-unruhen-tote-kolonialismus-ueberseegebiet-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Mehr aus der Welt

Tiefsee-Hakenkalmar beim Angriff auf eine Kamera als vermeintliche Beute 1 min
Tiefsee-Hakenkalmar beim Angriff auf eine Kamera als vermeintliche Beute Bildrechte: Reuters