Ausschnitte aus der HBO-Serie "Chernobyl".
Szene aus der Serie "Chernobyl": Löscharbeiten am explodierten Reaktorblock 4 des AKW Tschornobyl Bildrechte: imago images / Cinema Publishers Collection

Ukraine, 19.06.2019 HBO-Serie "Chernobyl" im ukrainischen Fernsehen

19. Juni 2019, 11:58 Uhr

Das ging schnell: Die TV-Serie "Chernobyl" des US-amerikanischen Senders HBO läuft vom 18. bis 20. Juni im ukrainischen Free TV - sogar synchronisiert. Nach anfänglicher Skepsis wird die international erfolgreiche Serie über den Super-GAU von 1986 im Atomkraftwerk Tschornobyl (so die ukrainische Schreibung) inzwischen in der Ukraine positiv wahrgenommen. In Kiew erwartet man zudem einen touristischen Boom zur Katastrophenstätte.

Anfangs ist die Idee des US-amerikanischen Senders HBO und des britischen Partners Sky, eine Fernsehserie über die Nuklearkatastrophe von Tschornobyl zu entwickeln, in der Ukraine durchaus mit Skepsis wahrgenommen worden. Schließlich gehört der Super-GAU von 1986 zu den wenigen Themen, mit denen das flächenmäßig zweitgrößte Land Europas im Ausland assoziiert wird. Das ist nicht allen in Kiew und Umgebung recht. Dennoch waren der internationale Erfolg der fünfteiligen Serie, erstmals ausgestrahlt vom 6. Mai bis 3. Juni, sowie die ebenfalls sehr positiven Reaktionen innerhalb der Ukraine so groß, dass 1+1, der zu den wichtigsten privaten Fernsehsendern des Landes gehört, "Chernobyl" schnell ins Ukrainische übersetzte und die Serie nun zwischen dem 18. und dem 20. Juni für ein großes Publikum im Free TV zeigt.

Promis werben für Ausstrahlung

Dafür wird massiv mit A-Promis des ukrainischen Showgeschäfts geworben. "Die HBO-Serie hat mich begeistert. Die Macher haben die tatsächliche Geschichte der Katastrophe gezeigt. Das ist die Geschichte, die wir alle kennen sollten“, sagt etwa Star-Moderatorin Kateryna Ossadtscha, quasi die ukrainische Barbara Schöneberger.

"Die Serie gehört völlig zu Recht zu den erfolgreichsten überhaupt", meint Sänger Taras Topolja von der Rockband "Antityla". Zwar fanden die meisten Dreharbeiten in Litauen statt, doch immerhin fast 30 Prozent des Filmmaterials wurden in der Ukraine selbst gedreht. Prominent mitgewirkt hat dabei die in der Branche international bekannte ukrainische Produktionsfirma Radioaktive Film, die auch schon an Musikvideos von Weltstars wie Coldplay oder Twenty One Pilots beteiligt war.

100.000 Besucher für Tschornobyl

"Beim HBO war man sehr zufrieden. Das war sicher nicht unser letztes gemeinsames Projekt", erzählt Darko Skulskyj von Radioaktive Film der Zeitschrift "Nowoje Wremja". Zufrieden zeigt man sich auch in der Kiewer Stadtverwaltung, die nun von 100.000 Tschornobyl-Besuchern bis Jahresende ausgeht, 2018 waren es 70.000.

Touristen in Tschernobyl
Schon kurz nach der Premiere von "Chernobyl" strömen mehr Touristen zum einstigen AKW Tschernobyl in der Ukraine. Im Hintergrund der einbetonierte Reaktor 4, der am 26. April 1986 explodiert war Bildrechte: imago images / ZUMA Press

Craig Mazin mahnt Tschernobyl-Besucher

Kritische Stimmen

Trotz der allgemeinen Begeisterung gibt es aber auch kritischere Stimmen. So äußert der ukrainisch-amerikanische Historiker Serhij Plochij, der mit der Serie generell zufrieden ist, seine Bedenken, "Chernobyl" könnte die tatsächliche Geschichte von Tschernobyl ersetzen: "Die Serie zeigt zum Teil immer noch lebende Personen so, wie sie eigentlich nicht waren. Das ist unfair."

Die Historikerin Olga Martynjuk bemängelt zudem, dass ukrainische Protagonisten stets in der zweiten Reihe stünden und ukrainische Beamte gar nicht gezeigt würden, obwohl sie damals nach dem GAU der Führung in Moskau oft widersprochen hätten. Und auch das allgemeine Bedauern, dass die US-Amerikaner zuerst etwas geschafft haben, womit sich die Ukrainer längst selbst hätten beschäftigen können, ist in der Ukraine bezüglich "Chernobyl" zu spüren.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im Radio: SPUTNIK | 14.05.2019 | 18:04 Uhr

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