Skilift in Südböhmen
Kaum Schnee auf den tschechischen Pisten – eine unangenehme Foge des Klimawandels. Bildrechte: IMAGO / CTK Photo

Wintersport Tschechien: Klimawandel bedroht Ski-Tradition

28. Februar 2024, 04:04 Uhr

Die Tschechen lieben den Skisport und lernen meist schon in der Schule, wie man sich auf zwei Brettern fortbewegt. Doch der Februar 2024 ist der wärmste Februar seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, was die Ski-Enthusiasten mit einer unangenehmen Wahrheit konfrontiert: Wegen des Klimawandels wird der Schnee in den Mittelgebirgen des Landes immer häufiger zur Mangelware. Besonders die traditionellen Skikurse der Schulen leiden darunter – und fallen in diesem Jahr buchstäblich ins Wasser.

Der tschechische Journalist Robert Schuster
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auch wenn es in Tschechien nur Mittelgebirge gibt und der höchste Gipfel des Landes, die Schneekoppe, lediglich 1603 Meter hoch ist, erfreut sich das Skifahren bei der Bevölkerung sehr großer Beliebtheit. Egal, ob Abfahrt oder Langlauf, in den Wintermonaten sind vor allem an Wochenenden die Skigebiete voll. An den Liften bilden sich oft lange Warteschlangen, die Parkplätze sind überfüllt. Das Gleiche gilt auch für die "Frühjahrsferien", die in Tschechien etappenweise je nach Wohnort der Schüler zwischen Anfang Februar und Mitte März stattfinden.

Skifahren ist in Tschechien Volkssport

In ganz Tschechien gibt es insgesamt an die 200 Orte, wo man Ski fahren kann. Für ein Land mit einer Fläche, die nur etwas größer als jene Bayerns ist, bedeutet das eine überdurchschnittlich hohe Dichte. Laut Statista sind fast 21 Prozent der Bevölkerung in Tschechien aktive Skisportler und Snowboarder. Damit rangieren die Tschechen im europäischen Vergleich gleich nach den Schweizern, Österreichern und Skandinaviern und noch vor Deutschen oder Franzosen weit vorne.

Schihang in Kvilda
Etwa 200 Skiorte gibt es in Tschechien – doch immer häufiger fehlt der Schnee. Bildrechte: IMAGO / CTK Photo

Einer der Gründe, warum Skifahren fast schon zu einem Breitensport geworden ist, hängt mit der Schule zusammen. Skifahren ist nämlich seit vielen Jahren fester Bestandteil der Lehrpläne. Vor der Samtenen Revolution gehörte es zur Pflicht während des Grundschulbesuchs mindestens einmal, meistens in der 7. Klasse, also im Alter von 13-14 Jahren, für eine Woche in die Berge zu fahren, um dort mit Skiern und Stöcken umgehen zu lernen. An weiterführenden Mittelschulen gab es dann für die Heranwachsenden im Alter von 16-17 Jahren noch einmal die Gelegenheit, an einem von der Schule organisierten Skikurs teilzunehmen. Heute ist die Teilnahme zwar freiwillig, wegen ihrer Beliebtheit wird die Grundausbildung im Skifahren von den Schulen aber weiterhin angeboten. Mittlerweile können sogar Schnupper-Kurse für Kindergartenkinder gebucht werden.

Skikurse der Schulen fallen ins Wasser

Die Skikurse finden in der Regel während der Monate Januar und Februar statt. Doch seit einigen Jahren sind viele davon in Gefahr, weil der Schnee auf den tschechischen Pisten immer mehr zur Mangelware wird. Bei Temperaturen von fünf Grad Plus, manchmal vom Regen begleitet, schmilzt der Naturschnee schnell dahin und auch die Präparation der Pisten mit Kunstschnee stößt dann schnell an ihre Grenzen. Der weltweite Klimawandel macht eben auch vor den tschechischen Bergen nicht halt.

Kinder auf einer schmutztigen Piste
Fast jede Schule in Tschechien organisiert Skilager – in diesem Jahr mussten die Kinder aber mit kümmerlichen Schneeresten und reichlich Matsch Vorlieb nehmen. Bildrechte: IMAGO/CTK Photo

Besonders gut sichtbar wurde das in diesem Jahr. Meteorologen zufolge ist der Februar 2024 der wärmste Februar seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Tschechien. Wo es früher unter normalen Umständen auch in den mittleren Lagen mindestens eine einen Meter hohe Schneedecke gegeben hätte, ist derzeit durchgehend Gras zu sehen. Wegen des warmen Wetters wird in den meisten tschechischen Skigebieten nur auf engen Streifen mit Kunstschnee skigefahren, und viele Lifte stehen still. Statt reichlich Schneefall gab es vielerorts nur reichlich Regen.

Viele Schulen haben ihre bereits geplanten und gebuchten Skikurse daher abgesagt. Ein Ausweichen auf andere Termine ist im dicht getakteten Schuljahr in Tschechien fast unmöglich. "Dass wir überhaupt nicht zum Skikurs gefahren wären, ist uns noch nie passiert", erklärte kürzlich Roman Pozemný, der Direktor einer Grundschule in Opava im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen (ČT).

Tschechische Skischulen unter Druck

Für die Betreiber von Berghütten, Pensionen, Skiliften und nicht zuletzt für die Anbieter von Skikursen ist das ein Problem. Für sie war die Skiausbildung für Schulen stets eine stabile Einnahmequelle, denn die Schulen kamen in der Regel jedes Jahr wieder. Nun hagelt es allerdings wegen Schneemangels Absagen. Manche Betreiber von Skikursen versuchen zwar den Schulen irgendwie entgegenzukommen, doch wegen der vielen Krisen in der jüngsten Vergangenheit – Stichwort Covid-Pandemie – sind auch deren Reserven stark eingeschränkt. Und eine Schneegarantie können die Skischulen so oder so nicht bieten.

Kinder stehen vor Autos.
In den niedrigeren Lagen hat es in den Ferien nicht geschneit, sondern geregnet – von einer "weißen Pracht" weit und breit keine Spur. Bildrechte: IMAGO/CTK Photo

"Für uns ist die diesjährige Saison abgeschlossen, wir haben dicht gemacht", erzählt Jiří Černý von der Firma Japasport dem MDR. Das Unternehmen betreibt eine Skischule im ostmährischen Malenovice, ungefähr 30 Kilometer südlich von Ostrava, am Fuße der mährischen Beskiden. Der Skiunterreicht von Japasport fand stets in einem Gebiet, das in einer Höhe von mehr als 500 Metern über dem Meeresspiegel liegt, statt – mittlerweile sind dort auch die letzten Schneespuren verschwunden. Laut Černý war diese Saison miserabel und auch wenn der Wetterdienst für die zweite Februar-Hälfte eine Abkühlung des Wetters samt Schneefall voraussagt, mache es keinen Sinn mehr für ein paar Tage noch einmal zu öffnen. "Im März ist dann sowieso endgültig Schluss", erklärt er. Seine Firma gebe es seit gut 13 Jahren, aber noch nie sei die Lage so schlecht gewesen wie in diesem Jahr.

Teure Alternative: Skifahren in Österreich

Schon seit geraumer Zeit versuchen manche tschechischen Schulen für ihre Skikurse ins Ausland auszuweichen, in der Regel ins benachbarte Österreich. Dort gibt es zwar nach wie vor keinen Mangel an Schnee. Die Kosten sind allerdings wesentlich höher, selbst wenn es sich um weniger bekannte Skiorte handelt und die Verpflegung nur das Notwendigste umfasst. Pro Teilnehmer muss man für fünf Tage schon mit bis zu 11.000 Kronen rechnen (umgerechnet 440 Euro). Immerhin, sehr viele Tschechen sind immer noch bereit, diesen Preis zu zahlen, um ihren Kindern die Teilnahme an dem traditionellen Skikurs zu ermöglichen. Für die einheimischen Skiorte sieht es unterdessen wegen des Klimawandels düster aus.

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