Ex-AJS-Geschäftsführer Michael Hack und sein Anwalt im Gerichtssaal
Ex-AJS-Geschäftsführer Michael Hack und sein Anwalt am Donnerstag im Gerichtssaal. Bildrechte: MDR/Uwe Nitschke

Awo-Tochter AJS Schadenersatzforderung gegen ehemaligen Awo-Manager - Prozessauftakt in Erfurt

25. August 2022, 17:50 Uhr

Am Landgericht Erfurt hat der Prozess um eine Schadenersatzforderung gegen Michael Hack, den früheren Chef der Awo-Tochter AJS gGmbH, begonnen. Das Unternehmen fordert vom entlassenen Manager rund eine Million Euro. Die Summe setzt sich vorrangig aus Kosten, die dem Unternehmen für geplatzte Kita-Projekte entstanden sind, zusammen.

Am Landgericht Erfurt hat am Donnerstag der Prozess um eine Schadenersatzforderung gegen den früheren Chef der Awo-Tochterfirma AJS gGmbH, Michael Hack, begonnen. Das Unternehmen fordert von dem vor zwei Jahren entlassenen Manager rund eine Million Euro zurück. Der Schaden soll laut Klage durch zwei nicht realisierte Kita-Projekte sowie die von Hack im Alleingang betriebene Entlassung eines Prokuristen der AJS im Dezember 2019 entstanden sein. Hacks Anwalt wies die Forderung zum Prozessauftakt zurück.

Entlassung nach Alleingang-Entscheidungen

Hack war jahrelang die zentrale Figur bei der Thüringer Arbeiterwohlfahrt sowie ihres Tochterkonzerns AJS. Die AJS betreibt zahlreiche soziale Einrichtungen, Pflegeheime und Kindertagesstätten. Das Unternehmen mit rund 5.000 Beschäftigten erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 200 Millionen Euro. Sein damaliger Geschäftsführer Hack war im August 2020 nach massiver verbandsinterner Kritik innerhalb der Awo entlassen worden.

Kritiker warfen ihm unter anderem vor, unternehmerische Entscheidungen über neue Projekte im Alleingang getroffen und dabei nicht ausreichend auf deren Wirtschaftlichkeit geachtet zu haben.

Kritik für überzogene Gehälter

Außerdem hatte der Awo-Bundesverband im Frühjahr 2020 kritisiert, dass Hack und weitere leitende Manager von AJS und Awo-Landesverband unangemessen hohe Gehälter bezogen haben. Diese verstießen laut Bundesverband gegen die im Awo Governance Kodex formulierten Empfehlungen für Gehaltsobergrenzen. Allein Hack soll rund 300.000 Euro Jahresgehalt bezogen haben.

Ein vom AJS-Aufsichtsrat in Auftrag gegebener Revisionsbericht stellte Ende 2020 außerdem fest, dass Hack unzulässiger Weise Dienstwagen und Firmenkreditkarte privat genutzt und ihm nahestehenden Personen persönliche Vergünstigungen gewährt haben soll.

Großteil der Schadenssumme für geplatzte Kita-Projekte

Der Großteil der von Hack nun zurückgeforderten Summe bezieht sich auf zwei letztlich nicht realisierte Kita-Projekte in Thüringen. Dafür sollen dem Unternehmen Kosten von 700.000 Euro entstanden sein.

Außerdem verlangt die AJS rund 267.000 Euro zurück, die sie für Abfindungszahlungen und Anwaltskosten im Zusammenhang mit der Entlassung eines Prokuristen ausgeben musste. Der damalige Prokurist hatte sich beim Aufsichtsrat über den Ablauf eines Bewerbungsverfahrens für eine Geschäftsführerstelle bei der AJS beschwert, auf die er sich beworben hatte, die dann aber einer Mitbewerberin zugesprochen wurde. Hack betrieb daraufhin die Entlassung des Prokuristen im Dezember 2019.

Weil er dies aber im Alleingang tat und nicht wie vorgeschrieben einen Gesellschafterbeschluss dazu einholte, verstieß er gegen die Satzung des Unternehmens, so der nun erhobene Vorwurf.

Hack klagte erfolglos gegen Entlassung

Gegen seine Entlassung als AJS-Geschäftsführer war Hack juristisch vorgegangen. Das Landgericht Erfurt wies seine Klage jedoch im Oktober 2021 aus formalen Gründen ab. Hack hatte die Klage gegen die AJS-Geschäftsführung gerichtet. Er hätte jedoch den Aufsichtsrat des Unternehmens verklagen müssen. Das Oberlandesgericht in Jena wies Hacks Revision gegen diese Entscheidung im Mai dieses Jahres zurück.

Der Prozess um die Schadenersatzforderung gegen Hack soll Anfang Januar 2023 am Landgericht Erfurt fortgesetzt werden.

MDR (ls)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 25. August 2022 | 16:00 Uhr

4 Kommentare

Lothar Thomas am 27.08.2022

... und wen juckt's?

Gier und Korruption gehören heutzutage in manchen Kreisen von Politik und Wirtschaft doch längst schon zum Alltag.

Angefangen von ganz, ganz Oben, bis runter zum kleinsten Beamten in einer Bauverwaltung XYZ.

Man denke nur an diesen Kohl zurück und dem LEUNA-SKANDAL, oder dieses Backpfeifengesicht, aus dem Bundestag, mir ist der Name entfallen.

Wurde Da jemals etwas richtig aufgearbeitet?

Weiter geht es ganz aktuell mit dem RBB und der Frau Ex-Intendantin.
Zuvor noch als einfache Moderatorin, hatte sie auch andere Worte gespuckt.

Ab einer gewissen Position verlieren manche jegliche Bodenhaftung und wachsen über sich hinaus.

Rico Marbach am 27.08.2022

Ich schreibe hier als Bürger; als solcher wünsche ich mir natürlich und selbstverständlich ein korruptionsfreies Erfurt/Thüringen. Dies gilt für alle Verwaltungen, auch und gerade für die Stadtverwaltung Erfurt; aber natürlich auch für solche bekannte Organisationen, wie die AWO; es ist richtig, dass diese der SPD nahesteht und sich ja gerade die Wohlfahrt der Arbeiter zum Ziel gesetzt hat;
das Thema Korruptionsbekämpfung, wie man auch am Fall des RBB sieht, hat einen viel zu geringen Stellenwert.

Ovuvuevuevue Enyetuenwuevue Ugbemugbem Osas am 26.08.2022

AWO = SPD. Da wird sich das saubere Früchtchen sicher wie sein oberster Chef auf veritable Gedächtnislücken stützen können.

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