Reform der Wahlkreise Leipzig braucht einen Wahlkreis mehr, Kommission empfiehlt für Sachsen weniger

05. Juli 2022, 07:00 Uhr

Derzeit gibt es 60 Wahlkreise und damit 60 Direktmandate bei der sächsischen Landtagswahl. Eine unabhängige Kommission empfiehlt die Zahl auf 51 zu begrenzen, womit fast jeder Landkreis des Freistaats ein Direktmandat einbüßen würde. Über Sinn und Zweck des Vorschlags wird im Landtag kontrovers diskutiert, wie auch am vergangenen Montag bei einer öffentlichen Anhörung.

Bevölkerungsanzahl nicht mehr ausgewogen

Das Wahlgesetz schreibt es vor. In jeder Legislaturperiode überprüft eine unabhängige Kommission die Aufteilung der sächsischen Wahlkreise zur Landtagswahl. Wichtiges Kriterium ist dabei die Bevölkerungszahl. Sie darf sich in den Wahlkreisen nicht zu sehr unterscheiden. Aktuell haben die Wahlkreise Leipzig 4 und Leipzig 6 (Stand 31. Dezember 2020) mehr als 80.000 Einwohner. In den sächsischen Wahlkreisen insgesamt beträgt der Durchschnitt aber nur rund 64.000 Einwohner. Der Unterschied ist damit zu groß. Es muss reformiert werden.

Vorschlag: Wahlkreise und Mandate reduzieren

Die fünfköpfige Wahlkreiskommission würde am liebsten bei den Wahlkreisen und damit auch bei den Direktmandaten kürzen: Von 60 auf 51 Wahlkreise und Direktmandate. Im Abschlussbericht der Kommission heißt es: Damit würde man sich der einst anvisierten durchschnittlichen Größe von 78.000 Einwohnern je Wahlkreis annähern. Ein Direktmandat verlieren würden dafür fast alle Landkreise - bis auf Nordsachsen und die Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz.

Eine Sitzung im Sächsischen Landtag
Die Kommission schlägt vor, Wahlkreise und damit Direktmandate zu reduzieren. Bildrechte: picture alliance/dpa

Befürchtung: Ländlicher Raum kommt zu kurz

Unter den am Montag im Sächsischen Landtag geladenen vier Sachverständigen ist der Vorschlag umstritten. Zu den Befürwortern zählt die als Expertin für Mathematik von Wahlsystemen geladene Kai-Friederike Oelbermann. Sie argumentiert: Wenn man sich die Prognosen anschaue, würden in den nächsten Jahren die Bevölkerung zunehmend von den Landkreisen in die Städte abwandern. Aus mathematischer Sicht sei es gerechtfertigt, dass die Städte eine höhere Repräsentanz haben als die Landkreise.

Kritisch blickt Kerstin Schöniger als Sprecherin des Städteverbundes Göltzschtal Stadt Rodewisch auf das Thema. Der ländliche Raum würde durch die Vergrößerung von Wahlkreisen geschwächt. Es sei schon jetzt aufgrund der Größe der Wahlkreise schwierig, eine gewisse Präsenz der Abgeordneten vor Ort zu haben.

Landwirtschaft: Ein Traktor fährt
Mit der Vergrößerung der Wahlkreis und zahlenmäßigen Reduzierung werde der ländlichen Raum geschwächt, so die Befürchtung mancher Politiker. Bildrechte: IMAGO / Martin Wagner

Minimalvariante ohne Mandatsverlust

Die Wahlkreiskommission hat allerdings noch andere Vorschläge: Eine Variante sieht nur die gesetzlich zwingende Anpassung vor. Danach würde der Vogtlandkreis einen Wahlkreis verlieren und Leipzig einen hinzubekommen. Ein annehmbarer Vorschlag, findet Staatsrechtler Bernd Grzeszick von der Uni Heidelberg. Die Variante hätte keine Verfassungsänderung zur Folge, anders als bei der Kürzung von 60 auf 51 Wahlkreise.

Stimmzettel für die Briefwahl zu den Landtagswahlen
Rechtzeitig vor der Landtagswahl in zwei Jahren müssen die Wahlkreise reformiert sein. Bildrechte: imago images / nordpool/Zander

Entscheidung vor Landtagswahl 2024

Entscheiden müssen am Ende die Abgeordneten im Sächsischen Landtag – in dem aktuell 60 direkt gewählte Parlamentarier sitzen – mehrheitlich gestellt von der CDU. Aus deren Fraktion ist zumindest am Rande des Ausschusses wenig Begeisterung dafür zu hören, bei den Direktmandaten zu streichen. Egal für welche Variante sich der Landtag entscheidet, feststeht: Rechtzeitig vor der Landtagswahl 2024 müssen laut Wahlgesetz mindestens in Leipzig Wahlkreise neu zugeschnitten werden, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 04. Juli 2022 | 13:00 Uhr

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