Weingläser mit der Aufschrift "Winzer Meißen"
Die Winzergenossenschaft Meißen wehrte sich erfolgreich gegen ein Verkaufsverbot belasteter Weine im Jahr 2016. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance / Monika Skolimowska/ZB

Bundesverwaltungsgericht Erfolg für Winzergenossenschaft Meißen: Verkaufsverbot 2016 war Unrecht

14. September 2023, 17:30 Uhr

Eigentlich ist der sogenannte Weinskandal Geschichte und längst kein Thema mehr im Anbaugebiet. Seit Jahren werden keine Rückstände unerlaubter Pflanzenschutzmittel mehr in sächsischen Weinen nachgewiesen. Allerdings wehrt sich die Winzergenossenschaft Meißen noch immer gegen die Behörden, die 2016 ein Verkaufsverbot für mehrere 10.000 Liter Wein verhängt hatten. Das Bundesverwaltungsgericht hat am Donnerstag der Genossenschaft Recht gegeben.

Aktuelle Nachrichten finden Sie jederzeit auf mdr.de und in der MDR Aktuell App.

Die Sächsische Winzergenossenschaft Meißen hat am Donnerstag vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einen Sieg eingefahren. Sieben Jahre nach dem sogenannten sächsischen Weinskandal wurde das damals vom Landkreis Meißen verhängte Verkehrsverbot für einige Weine der Genossenschaft für Unrecht erklärt.

Zur Vorgeschichte: Im Herbst 2015 waren auf Keltertrauben, die einem Weingut von sächsischen Rebflächen geliefert worden waren, bei einer amtlichen Zufallsprobe Rückstände des Pflanzenschutzwirkstoffs Dimethoat festgestellt worden. Das Mittel war damals im Weinbau in Deutschland nicht zugelassen. Seit 2019 ist der Wirkstoff gegen stechende und saugende Insekten an Pflanzen in der EU auch in anderen Kulturen nicht mehr erlaubt.

Behörden berufen sich auf Nachweisgrenze

Weitere Untersuchungen in den Folgemonaten ergaben, dass Rückstände von Dimethoat in inzwischen ausgebauten Weinen auch bei der Genossenschaft nachgewiesen werden konnten. Mit Bescheiden vom 3. Juni 2016 ordnete der Landkreis Meißen für mehrere von der Winzergenossenschaft hergestellte Weine Verkehrsverbote an, weil der Gehalt an Dimethoat im Wein den Wert von 0,01 Milligramm/Kilogramm überschritt. Zugleich betonten die Behörden seinerzeit zu jedem Zeitpunkt, von den Weinen gehe keine Gesundheitsgefahr aus.

Die von der Genossenschaft beauftragte Rechtsanwaltskanzlei teilte bereits vor dem Prozess auf Anfrage von MDR SACHSEN mit: "Das Verkehrsverbot verstößt aus unserer Sicht klar gegen höherrangiges EU-Recht." Eine Verordnung lege "für Lebensmittel und damit auch für Wein sogenannte Rückstandshöchstgehalte fest". Würden die Produkte die Werte einhalten, seien sie verkehrsfähig. "So liegt der Fall hier", argumentierte der juristische Beistand der Genossenschaft. In den Vorinstanzen war Sachsens größter Weinproduzent mit seinem Ansinnen abgewiesen worden.

Widerspruch: Unterschiedliche Grenzwerte für Importwein und heimischen Rebensaft

Das Urteil vom Donnerstag zeige nun aber, "dass es zum Verkehrsverbot nicht hätte kommen dürfen, da die Weine nicht die europaweit geregelten Werte überschritten haben", so Vertreter der Anwaltskanzlei. In der Verhandlung ging es immer wieder um die widerstreitenden Regeln, einerseits das deutsche Lebensmittelrecht, andererseits EU-Vorgaben, die hierzulande de facto Importwein mit doppelt so hohen Grenzwerten zulassen würden, deutsche Winzer aber benachteiligt hätten.

Keltertrauben
Zuerst fielen die Rückstände unerlaubter Pflanzenschutzmittel bei einer Probe von Keltertrauben in einem Weingut in Diesbar-Seußlitz auf. (Symbolbild) Bildrechte: imago images/penofoto

Jahrgänge 2014 und 2015 betroffen

Vom Verkehrsverbot betroffen waren den Angaben zufolge Weine der Jahrgänge 2014 und 2015. Mehrere 10.000 Liter Wein hätten nicht verkauft werden dürfen. Auf Nachfrage hieß es, "die Weine sind nachweislich entsorgt worden". Es habe keinen Verschnitt mit unbelasteten Weinpartien gegeben, um die Nachweisgrenze zu unterschreiten. Ob Weine mit den minimalen Dimethoat-Rückständen an Genossenschaftsmitglieder zum Eigenverbrauch abgegeben wurden, dazu hat die Anwaltskanzlei nach eigenen Angaben keine Kenntnis.

Weinkeller mit Stahltanks, 2012
Mehrere 10.000 Liter Wein durfte die Genossenschaft auf behördliche Anordnung 2016 nicht vermarkten. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / suedraumfoto

Millionenschaden für Genossenschaft

Durch das behördliche Verkehrsverbot sei der Winzergenossenschaft ein Schaden "im deutlich einstelligen Millionenbereich" entstanden. "Um den Schaden kompensieren zu können, hat die Sächsische Winzergenossenschaft auch eine Schadenersatzklage vor dem Landgericht Dresden eingereicht." Die Klage richte sich "aktuell gegen den Landkreis sowie gegen den Freistaat Sachsen, der den Landkreis die rechtswidrige Weisung für das Verkehrsverbot erteilt" habe. "Mit diesem Urteil im Rücken können wir nun das Schadenersatzverfahren weiterführen", erklärten die Rechtsanwälte. Es geht den Angaben zufolge um zwei Millionen Euro. Der Landkreis Meißen konnte aus Termingründen auf die Anfrage von MDR SACHSEN noch keine Stellungnahme abgeben.

Die Anwaltskanzlei wollte zunächst die Frage nicht beantworten, wie es aus Sicht der Genossenschaft zur Kontaminierung der Weine mit dem im Weinbau nicht zugelassenen Dimethoat kommen konnte und ob damit belastete Trauben verarbeitet wurden. Seit 2019 wurden in sächsischen Weinen bei amtlichen Kontrollen keinerlei Beanstandungen zu Rückständen unerlaubter Pflanzenschutzmittel mehr festgestellt.

Traktor zwischen Weinstöcken
Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Dimethoat waren im Weinbau schon 2015 nicht zugelassen. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Elmar Gubisch

MDR (lam/Sylvia Stadler)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Radioreport | 14. September 2023 | 18:00 Uhr

Mehr aus Meissen

Mehr aus Sachsen