Der Erzieher Christian Reinisch
Christian Reinisch erzählt davon, dass er sich seine Arbeit als Erzieher nicht mehr in einer Anstellung vorstellen kann. Für ihn sei die stetige Veränderung in der Zeitarbeit gerade das Richtige. Bildrechte: MDR/ Adam Beyer

Interview "Für mich hat die Zeitarbeit als Erzieher nur Vorteile"

30. Januar 2024, 05:00 Uhr

Zeitarbeit hat einen schlechten Ruf in Deutschland und die Zahl der Zeitarbeiter sinkt jedes Jahr. Im Sommer 2023 arbeiteten in Sachsen rund 2.000 Menschen weniger in Zeitarbeit als noch im Sommer des Vorjahres. Erzieher Christian Reinisch gehört in Sachsen zu den sechs Prozent der Zeitarbeiter im Bereich "Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung". Im Interview erzählt er, warum die Zeitarbeit für ihn mehr Vorteile und keine Nachteile bietet.

Warum haben Sie sich als Erzieher vor drei Jahren freiwillig für die Zeitarbeit entschieden?

Christian Reinisch: Ich hab als Erzieher bereits sieben Jahre in einer Einrichtung gearbeitet, aber schnell gemerkt: Das bin ich nicht, ich fühle mich hier nicht wohl. Dadurch entwickelt man auch schnell einen Tunnelblick, man kommt aus seinem Arbeitsklima und seiner Wohlfühloase nicht mehr heraus und das ist nicht das, was ich wollte. Einige der Eltern, die in der Pflege arbeiteten, haben mir dann gesagt: "Christian, bewirb dich doch mal bei der Zeitarbeit, vielleicht ist das was für dich. Die haben auch andere Konditionen und da kannst du neue Erfahrungen sammeln". Und genau das habe ich dann gemacht.

Der Erzieher Christian Reinisch
Auch wenn die Zeitarbeit für Christian Reinisch gerade das richtige ist, für immer sei diese Arbeitsweise nicht möglich, weiß er. Bildrechte: MDR/ Adam Beyer

Die Zeitarbeit bietet Ihnen also viel Abwechslung. Welche Vorteile sehen Sie noch darin?

Also für mich war ein Punkt das Finanzielle, ich wollte mich nie verschlechtern, sondern immer verbessern und die Zeitarbeit bezahlt übertariflich. Darüber hinaus kann ich natürlich immer die Einrichtung wechseln, kann neue Erfahrungen sammeln, komme in unterschiedliche Stadtteile, unterschiedliche Ortschaften und lerne unterschiedliche Konzepte kennen.

Ich war schon im Hort, in der Krippe oder in Kinder- und Jugend-Wohngruppen. Jetzt gerade bin ich zum Beispiel ich in einer UMA-Stelle, das bedeutet unbegleitete minderjährige Asylsuchende. Das sind jedes Mal neue Herausforderungen, man wird quasi immer ins kalte Wasser geworfen und kann dann daran wachsen. Für mich ist das genau mein Ding und das liebe ich sehr.

Das ganze Interview im Video:

Ist es manchmal auch ein Nachteil, immer wieder woanders zu arbeiten?

Also als Erzieher - gerade ich als männlicher Erzieher - habe immer gute Karten in Bewerbungsgesprächen mit Kitas. Man kann sich also eine Arbeitsstelle direkt in der Nähe suchen. Als Erzieher in Zeitarbeit bin ich immer woanders, manchmal eben auch etwas weiter weg, je nachdem wo man gebraucht wird.

Bei uns in der Firma gilt beispielsweise, dass die Anfahrt maximal 40 Minuten dauern darf. Wiederum ist das Schöne an der Geschichte, dass ich deswegen auch einen Dienstwagen habe. Ich muss also kein Benzin bezahlen und ich kann das Auto auch privat nutzen. So wird aus dem Nachteil für mich dann schon wieder ein Vorteil.

Was hat sich in den letzten Jahren in der Zeitarbeit für Sie geändert?

Eigentlich hat sich nichts verändert und die Arbeit macht mir gleichbleibend Spaß. Für mich persönlich hat sich aber geändert, dass mein Arbeitgeber "Match-Medics" mir mein Studium mitfinanziert hat und ich deswegen jetzt auch Sozialarbeiter bin. Das ist natürlich ein super Vorteil: Durch die Zeitarbeit lerne ich neue Konzepte kennen und mit dem Studium bin ich in der Lage, auch mal selber eine Kita zu leiten. Da könnte ich dann direkt meine Erfahrungen aus den ganzen unterschiedlichen Einrichtungen mit einbringen. Ich hab ja gesehen was gut lief, was ich vielleicht auch adaptieren möchte oder eben was schlecht lief und man lieber lassen sollte.

Also für mich hat die Zeitarbeit bisher nur Vorteile gebracht.

Christian Reinisch

Können Sie sich vorstellen, irgendwann wieder zurück in eine feste Anstellung zu wechseln?

Das ist eine sehr gute Frage. Ich bin, wie gesagt, in das Studium gegangen mit dem Wunsch, eine Einrichtung zu übernehmen. Die Arbeit in der Zeitarbeit und die Abwechslung machen mir gerade aber so viel Spaß, dass ich mir das noch nicht vorstellen kann die nächsten 20 Jahre in einer leitenden Positionen zu verbringen und dort in meinem Büro zu sitzen. Man braucht aber immer einen Plan B, denn gerade der Renteneinstieg rutscht ja auch immer weiter nach hinten und mit 70 kann ich dann auch keine Windeln mehr wechseln.

17 Kommentare

Fakt vor 15 Wochen

@Il Sassone:

Auf Simones Beitrag antworten Sie: "Ausnahmen bestätigen hier nicht die Regel."
Dann schreiben Sie: "Positive Beispiele sind hier die Ausnahme".

Ja was denn nun? Sie sollten sich mal mit sich selber einig werden. Oder erkennen Sie den Widerspruch nicht?

Il Sassone vor 15 Wochen

Die Arbeitnehmerüberlassung, wie sie sich heutzutage schimpft, hat nach wie vor ein schlechtes Image. Ausnahmen bestätigen hier nicht die Regel.

Und wenn ich ihre anderen Antworten hier lesen wird mir auch klar dass eine weitere Diskussion sinnlos ist.

Sozialberuflerin vor 15 Wochen

Ständig wechselnde Bezugspersonen waren auch mein negativer Gedanke, als ich den Artikel las!
Daran ist keinster weise, etwas gut zu heißen.
Einzig die betroffene Einrichtung hat eine unterstütztende Kraft mehr bei Bedarf
Für die Kinder und Jugendliche hat es überhaupt keinen Mehrwert!!!

"Übrigens kann man auch ohne Studium der Sozialarbeit eine Kita- Leitung werden."
Das ist jedoch nur noch in wenigen Bundesländern möglich
Thüringen gehört definitiv nicht dazu!!

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