Eine Wählerin wirft den Stimmzettel in die Wahlurne bei der Stimmabgabe für die Landtagswahl in einem Wahllokal.
Wegen einer fehlenden Unterschrift wurde die Bürgermeisterwahl von Großschirma am 3. März für ungültig erklärt. Sie soll nun am 1. September wiederholt werden, falls Wahlsieger Rolf Weigand (AfD) nicht gegen die Ungültigkeit klagt. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Martin Schutt

Neuwahl AfD-Bürgermeister in Großschirma: Wahl soll am 1. September wiederholt werden

02. Mai 2024, 15:14 Uhr

Nach der für ungültig erklärten Bürgermeisterwahl in Großschirma ist eine Neuwahl erforderlich. Grund ist eine fehlende Unterschrift des AfD-Kandidaten Rolf Weigand, der die meisten Stimmen bei der Wahl am 3. März bekommen hatte. Wie kann so etwas passieren, fragen sich Nutzerinnen und Nutzer von MDR SACHSEN. Und wie geht es jetzt weiter? Wir haben nachgefragt.

Weil auf dem Wahlvorschlag des AfD-Landtagsabgeordneten Rolf Weigand die vorgeschriebene "eigenhändige Unterschrift" fehlte, muss die Gemeinde eine Neuwahl abhalten. So hat es der Landkreis Mittelsachsen nach der Bürgermeisterwahl Anfang März entschieden. Doch warum ist der Formfehler keinem der Beteiligten aufgefallen?

Wahlvorschlag ging durch fünf Hände

Der bislang stellvertretende Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Rolf Weigand (AfD), der die Wahl klar gewonnen hatte, machte nach der Wahl die Gemeindewahlleiterin verantwortlich. Von ihr seien die Unterlagen geprüft und für vollständig und richtig erklärt worden, sagte Weigand. Doch sie war nicht die einzige, durch deren Hände der Wahlvorschlag ging, wie die Leiterin des Haupt-und Ordnungsamtes, Susanne Lippmann, auf Anfrage von MDR SACHSEN mitteilte. Neben dem Kandidaten und der Wahlleiterin seien drei Beisitzer des Wahlausschusses beteiligt gewesen: "Die Gesetzesänderung war uns leider nicht bekannt."

Die Gesetzesänderung war uns leider nicht bekannt.

Susanne Lippmann Leiterin des Haupt-und Ordnungsamtes Großschirma

Nach Angaben des Landkreises Mittelsachsen hatte der Gesetzgeber 2022 das Kommunalwahlrecht geändert und die "eigenhändige Unterschrift" ausdrücklich neu aufgenommen. "Der Wahlvorschlag eines Einzelbewerbers ist von diesem eigenhändig zu unterzeichnen", heißt es in Paragraph 41. Auch Weigand, der sich selbst für die Bürgermeisterwahl vorgeschlagen hatte, kannte diese Neuerung offenbar nicht.

Ein Rathaus
Die Gemeinde Großschirma muss nach einer ungültigen Bürgermeisterwahl eine Neuwahl abhalten, als Termin wurde vom Stadtrat der 1.September bestimmt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wie sind die Abläufe bei der Einreichung der Wahlunterlagen? (zum Aufklappen)

Wer kandidiert, muss einen Wahlvorschlag bei der Vorsitzenden des Gemeindewahlausschusses abgeben. Diese prüft den eingereichten Wahlvorschlag. Werden Fehler erkannt, wird der oder die Kandidierende darüber informiert, damit der Fehler noch behoben werden kann. Nach Ende der Einreichungsfrist prüft der Gemeindewahlausschuss in einer öffentlichen Sitzung die eingereichten Wahlvorschläge auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Abschließend erfolgt ein Beschluss des Gemeindewahlausschusses über die Zulassung der Wahlvorschläge. Quelle: Gemeinde Großschirma

Wann wird in Großschirma noch einmal gewählt und wer kann antreten?

Die Bürgermeisterwahl soll am 1. September - zum Termin der Landtagswahl - wiederholt werden. Das habe der Stadtrat am 29. April in seiner Sitzung beschlossen, bestätigte Hauptamtsleiterin Susanne Lippmann MDR SACHSEN. Möglicher Termin für einen zweiten Wahlgang sei der 29. September. Zuerst hatte die "Freie Presse" berichtet.

Der Termin werde im Amtsblatt der Gemeinde Mitte Mai bekannt gegeben - unabhängig von der Entscheidung Weigands, ob er gegen die Ungültigkeit der Bürgermeisterwahl Anfang März rechtliche Schritte einleitet, so Lippmann. Dies sei notwendig, um die Frist für die Wahlbekanntmachung einzuhalten.

Das Wahlverfahren startet dann von vorn. "Es können sich neue Kandidaten bereit erklären, die gleichen wie zur Wahl am 03.03.2024 oder auch weniger".

Wer führt bis zur Wiederholung der Wahl die Geschäfte in Großschirma

Vorläufig führt Rolf Weigand (AfD) die Amtsgeschäfte in Großschirma. Er wurde ebenfalls in der Stadtratssitzung am 29.4. knapp gewählt - mit neun Stimmen vor Gunther Zschommler (CDU), der acht Stimmen erhielt. Weigand erhielt damit zwei Stimmen mehr als die AfD im Stadtrat Stimmen hat. Zschommler wurde zum zweiten stellvertretenden Bürgermeister gewählt. Beide waren auch bei der Bürgermeisterwahl Anfang März Konkurrenten gewesen.

Rolf Weigand, AfD
Das Rathaus in Großschirma im Landkreis Mittelsachsen wird derzeit von dem AfD-Politiker Rolf Weigand geführt. Er wurde vom Stadtrat zum ersten stellvertretenden Bürgermeister gewählt. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Monika Skolimowska

Die Abstimmung war notwendig geworden, weil die erste stellvertretende Bürgermeisterin vor zwei Wochen aus privaten Gründen ihren Rücktritt erklärt hatte. Seit dem Tod des früheren Bürgermeisters Volkmar Schreiter (FDP) im vergangenen Jahr führte sie die Amtsgeschäfte.

Wird Weigand gegen die Ungültigkeit der Bürgermeisterwahl klagen?

Bislang hat Weigand noch keine Klage beim Verwaltungsgericht Chemnitz eingereicht, wie er auf Anfrage mitteilte. Die rechtliche Prüfung sei noch nicht abgeschlossen. Er hat dafür Zeit bis zum 12. Mai.

Weigand war Anfang März als Einzelkandidat gegen zwei weitere Kandidaten angetreten. Mit 59,4 Prozent konnte er sich im ersten Wahlgang gegen den Kandidaten der Unabhängigen Bürgervereinigung (UBV), André Erler (22,3 Prozent), und den CDU-Kandidaten Gunther Zschommler (18,2 Prozent) durchsetzen.

Ist die ungültige Wahl in Großschirma ein Einzelfall in Deutschland?

Nein, dass Bürgermeisterwahlen und andere Wahlen für ungültig erklärt werden, kam in den vergangenen Jahre auch in anderen Bundesländern immer wieder vor – aus unterschiedlichen Gründen. Ein Überblick:

Die Wahl wurde für ungültig erklärt, weil die gewählte Bürgermeisterin im Wahlkampf "Gespräche über den Gartenzaun" führte und somit gegen die Neutralitätspflicht verstoßen habe. Ein Urteil des Verwaltungsgerichts wurde von ihr und dem Stadtrat angefochten.

Die Wahl wurde für ungültig erklärt, weil ein Mitbewerber schlechtere Chancen gehabt hatte. Der unterlegene Kandidat beklagte, er habe im Amtsblatt vor der Wahl keinen Flyer beilegen dürfen. Außerdem habe ihm die Gemeindeverwaltung nur das Aufstellen von 30 Wahlplakaten genehmigt. Inzwischen wurde eine neue Bürgermeisterin gewählt.

Die Wahl wurde für ungültig erklärt, weil der Bürgermeister zwei Tage vor der Wahl ein Gemeindemitteilungsblatt herausgegeben hatte, was als unerlaubte Wahlwerbung gewertet wurde.

Die Wahl musste in einigen Berliner Wahlbezirken wiederholt werden. Bei der Wahl fehlten Stimmzettel, Wahllokale schlossen nicht rechtzeitig und Warteschlangen waren zu lang.

MDR (kbe)

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