eine Kerze wird entzündet
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Erhöhter Pflegebeitrag Buß- und Bettag - teuer erkauft für Sachsen

22. November 2023, 06:00 Uhr

Überall in Deutschland ist der Buß- und Bettag ein Feiertag. Aber nur in Sachsen haben die evangelischen Christen den ganzen Tag Zeit ihn zu zelebrieren, nur hier ist dieser Tag auch ein freier Tag. Und nur hier zahlen die Arbeitnehmer dafür bei der Pflegeversicherung drauf - ganze 0,5 Prozent mehr als in den anderen Bundesländern mit teilweise genauso vielen oder sogar mehr Feiertagen. Gerecht oder ungerecht? Es ist eine Diskussion, die so alt ist wie die Regelung selbst.

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Zum Shoppen ins Nachbarbundesland fahren, ausspannen oder ganz traditionell in die Kirche gehen. Es gibt viele Möglichkeiten, den Buß- und Bettag zu begehen. In allen anderen Bundesländern wurde der freie Tag 1995 gestrichen, um die Pflegeversicherung zu finanzieren. Außer in Sachsen - dank des damaligen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf und seiner Regierung - sie hielten entgegen aller Proteste daran fest.

In Sachsen zahlen Arbeitnehmer seither stattdessen 0,5 Prozent mehr als die Arbeitgeber in die Pflegeversicherung ein. Bei einem Bruttomedianlohn von 36.144 Euro sind das rund 181 Euro pro Jahr. Geld, das nicht direkt der Pflegeversicherung zugute komme, sondern vor allem die Unternehmen bevorzuge, kritisiert die SPD.

SPD zeigt sich änderungswillig

Dirk Panter, SPD-Fraktionsvorsitzender im Sächsischen Landtag, erklärt dazu: "Als SPD-Fraktion fordern wir ja schon lange eine Angleichung, eine Gleichberechtigung, was auch andere Bundesländer angeht. Der Zusatzbeitrag, der muss weg. Das ist völlig aus der Zeit gefallen. Andere Bundesländer haben sich weiterentwickelt. Wir halten weiterhin als einziges Bundesland fest an diesem Zusatzbeitrag."

Plakat weist auf den Buß- und Bettag hin
In benachbarten Bundesländern wie hier im brandenburgischen Cottbus setzt man am Buß- und Bettag auf kaufwillige Kundschaft aus Sachsen. Bildrechte: MDR/Diana Köhler

Das wolle die SPD schnellstmöglich ändern. Die Pflegeversicherung müsse paritätisch bezahlt werden. Aber das ist gar nicht so einfach, glaubt der sächsische DGB-Chef Markus Schlimbach: "Das Problem ist, dass es wirklich eine Regelung ist, die auf Bundesebene getroffen worden ist und die auf Bundesebene geregelt werden muss. Und da sind die Parteien gefordert, sowohl über den Bundesrat über die Landeregierung, wie auch die Bundestagsabgeordneten da auf Bundesebene was zu machen." Das hieße, dass im Gesetz zur Einführung der Pflegeversicherung der entsprechende Paragraph gestrichen werden müsse, der diese Kompensation für die Arbeitgeber vorsehe, so der Gewerkschafter.

Berlin hat Frauentag dazu bekommen, Thüringen Kindertag

Mit der CDU war das bisher nicht zu machen. Obwohl zum Beispiel in Berlin mit dem Frauentag oder in Thüringen mit dem Kindertag sogar in den letzten Jahren weitere Feiertage hinzukamen - ganz ohne Zusatzbeiträge in den beiden Bundesländern. Das fand dann auch die sächsische Union ungerecht, kündigte im vergangenen Jahr eine Bundesratsinitiative an. Kommt jetzt also die Parität bei der Pflegeversicherung?

Keine Änderung: CDU will Arbeitgeber schonen

Georg-Ludwig von Breitenbuch, der stellvertretende Fraktionsvorsitzender der CDU im Sächsischen Landtag, beharrt aber auf dem Status quo: Man habe es "richtig intensiv geprüft". Allerdings, so der CDU-Mann: "Wir denken, gerade in der jetzigen Wirtschaftssituation eine Mehrbelastung der Arbeitgeber - denn das wäre letztendlich die Folge - wollen wir denen jetzt nicht zumuten." Und so bleibt es wohl vorerst dabei, dass die Mehrkosten für diesen Feiertag vor allem den Arbeitnehmern zugemutet werden.

Unter den gegebenen politischen Mehrheiten bleibt die Debatte um die Kosten dieses zutiefst sächsischen Feiertags also noch erhalten.

MDR (jus)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 22. November 2023 | 19:00 Uhr

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