Petra Grimm-Benne (SPD), Sachsen-Anhalts Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, spricht auf einer Pressekonferenz.
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Debatte im Landtag Zahnärzte-Mangel: Grimm-Benne will Wahl des Praxis-Orts einschränken

23. Februar 2024, 15:54 Uhr

In Sachsen-Anhalt droht in den kommenden Jahren ein drastischer Zahnärzte-Mangel – vor allem im ländlichen Raum. Nun hat Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne angeregt, die freie Wahl des Praxis-Orts für Zahnmediziner einzuschränken. Damit soll es gezielt mehr Niederlassungen in unterversorgten Gebieten geben. Der Koalitionspartner CDU reagierte zurückhaltend – die Pläne stünden nicht im Koalitionsvertrag.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Felix Fahnert
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Angesichts des drohenden massiven Zahnärte-Mangels will Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) prüfen, die Niederlassungsfreiheit für Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner einzuschränken. Die SPD-Politikerin kündigte im Landtag an, mit ostdeutschen Ministerkolleginnen und -kollegen über eine entsprechende Bundesrats-Initiative beraten zu wollen.

Durch die Pläne sollen Praxis-Niederlassungen von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung gezielt so gesteuert werden, dass es wieder mehr Zahnärzte in unterversorgten Regionen gibt. Grimm-Benne verwies darauf, dass es eine solche Beschränkung bereits vor dem Jahr 2007 gegeben habe.

CDU: Pläne stehen nicht im Koalitionsvertrag

Aktuell könne sich jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt dort niederlassen, wo er oder sie es möchte – also auch in überversorgten Regionen. Angesichts der Prognosen brauche "neue Steuerungsmöglichkeiten" zugunsten unterversorgter Gebiete, erklärte die Ministerin.

Der Koalitionspartner CDU reagierte zurückhaltend. Der Abgeordnete Tobias Krull erklärte, die Pläne stünden nicht im gemeinsamen Koalitionsvertrag von CDU, SPD und FDP. Die Niederlassungsfreiheit sei ein "hohes Gut". Eine Beschränkung müsste daher "wohl begründet werden".

"Landzahnarztquote" soll kommen

Krull verwies unter anderem auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Landzahnarztquote bei der Vergabe von Studienplätzen, mit der man dem Mangel entgegentreten wolle. Ähnlich äußerte der FDP-Abgeordnete Konstantin Pott. Er erklärte, die Landzahnarztquote sei ein "fast kostenfreies Werkzeug, das wir nutzen sollten". Über eine Landzahnarztquote verpflichten sich angehende Zahnmediziner, nach dem Studium in Sachsen-Anhalt tätig zu werden. Ein vergleichbares Modell existiert bereits für Landärztinnen und Landärzte.

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung in Sachsen-Anhalt hatte zuletzt prognostiziert, dass bis Ende 2030 rund 600 Zahnärzte im Land ausscheiden würden. Demgegenüber werde nur mit knapp 200 neuen Niederlassungen oder Anstellungen gerechnet. Damit könnte es für mehr als 500.000 Menschen in Sachsen-Anhalt keine Zahnärzte mehr geben. Besonders betroffen sind den Daten nach die Landkreise Jerichower Land, Salzwedel und Mansfeld-Südharz.

Linke unterstützt Grimm-Bennes Pläne

Nicole Anger (Die Linke)
Die Linken-Abgeordnete Nicole Anger Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Kahnert

Die Linksfraktion, die den Antrag zur Debatte eingebracht hatte, kündigte Unterstützung für Grimm-Bennes Pläne einer Zulassungsbeschränkung an. Die Abgeordnete Nicole Anger forderte außerdem, die Rahmenbedingungen und Infrastruktur im ländlichen Raum so zu verbessern, dass er für Zahnärztinnen und Zahnärzte attraktiver werde. Außerdem regte sie ein Förderprogramm des Landes an, über das Praxis-Niederlassungen finanziell unterstützt werden sollen.

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Fraktion. Die sozialpolitische Specherin Susan Sziborra-Seidlitz sprach sich unter anderem dafür aus, dass Zahngesundheit bereits in Kita und Schule eine stärkere Rolle spielen müsse.

AfD: Geld darf keine Rolle spielen

Auch die AfD sieht beim Zahnärzte-Mangel Handlungsbedarf. Der Abgeordnete Gordon Köhler erklärte, die Bürger hätten verdient, "dass hier endlich mehr kommt". Geld dürfe keine Rolle spielen, wenn es um die zahnärztliche Versorgung gehe.

Das Thema soll im Sozialausschuss und im Wissenschaftsausschuss des Landtags weiter beraten werden.

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MDR (Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 23. Februar 2024 | 11:00 Uhr

10 Kommentare

DER Beobachter vor 11 Wochen

Dass die besser klarsehen und lieber nicht in die mitteldeutsche Pampa wollen? Wer die Wahl hätte, sich (für zumal mehr Geld, obwohl ich das nicht für ausschlaggebend halte) weniger bepöbeln zu lassen und attraktiven Verkehr, Kultur etc. vorzufinden, geht natürlich lieber dahin...

DER Beobachter vor 11 Wochen

pwsksk - es geht nicht nur um Geld, mal abgesehen davon, dass Minister ihr Gehalt gar nicht selbst bestimmen können. Im Übrigen ist in einigen Bundesländern das Einkommen des selbstständigen FA, zumal eines ZA deutlich höher als das eines Fachministers, und selbst in S-A nicht gleich dreimal niedriger, nicht mal doppelt niedriger als das des dortigen Gesundheitsministers, von der Besteuerung von fast 50% mal g

DER Beobachter vor 11 Wochen

Ja, wenn das nicht gerade von einer SPD-Gesundheitsministerin gekommen wäre (gemeinhin gibt man denen oder sonst eher linken Parteien gern dieses aus dem Ruf, in diesem Bereich mehr Kompetenz oder zumindest Engagement als etwa Union oder Liberale zu haben), hätte das wie anderswo ein anderer Gesundheitsminister vorgeschlagen. Schon hier in DD hat man lange Wartezewiten beim FA, ich wage mir gar nicht vorzustellen die Lage in der mitteldeutschen "Pampa"... Letzten Endes ist es logisch bei Ärzten wie ähnlich bei Lehrern etc., dass man zumal eben in Mittel- und sonst Ostdeutschland als Akademiker lieber in die Städte geht, und das hat nicht nur und vermutlich sogar am wenigsten monetäre Gründe...

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