Ein Mann und eine Frau blicken in die Kamera
Nicht begeistert von der Entwicklung: Ortsbürgermeister Werner Uhlmann und seine Stellvertreterin Antje Mittmann. Bildrechte: MDR/Marc Weyrich

Baustelle in Bennstedt Buddelt der Abwasserzweckverband ohne Genehmigung?

06. Juli 2023, 07:24 Uhr

In Bennstedt im Saalekreis sollen in der kommenden Woche großflächige Bauarbeiten beginnen. Der Wasser- und Abwasserzweckverband hat dafür erste Vorbereitungen getroffen. Doch die Gemeinde weiß nichts von einem Baustart.

Ein Mann mit Brille und blauem Sacko lächelt in die Kamera.
Bildrechte: MDR/Gaby Conrad

Baucontainer, auffällige Holz-Palisaden als Schutz um die Bäume an der "Alten Halleschen Straße" in Bennstedt, auf dem Asphalt: bunte Linien. In dem Ortsteil der Gemeinde Salzatal im Saalekreis kündigt sich eine große Baustelle an.

Seit rund zehn Jahren plant der Wasser- und Abwasserzweckverband Saalkreis (WAZV) in dem Bereich die Trinkwasserversorgung und die Entwässerung erneuern. Zwischenzeitlich kam auch noch die Entwässerung der entstehenden Autobahn 143 dazu. Jetzt also gehts los – doch die Gemeinde erhebt Vorwürfe gegen den WAZV.

Bauvorhaben seit zehn Jahren geplant

Es scheint, wie so oft, ein Kommunikationsproblem zu sein, das Gemeindebürgermeisterin Ina Zimmermann (CDU) im Rathaus von Salzatal gemeinsam mit dem Bennstedter Ortsbürgermeister Werner Uhlmann und dessen Stellvertreterin Antje Mutschler-Mittmann auf die Palme bringt: "Es wäre schön, wenn wir als Gemeinde alle Infos zu jener Baumaßnahme hätten, die uns die nächsten eineinhalb Jahre beschäftigen wird. Ich habe schließlich Fragen von Räten und Bürgern zu beantworten", sagt Zimmermann.

Es wäre schön, wenn wir als Gemeinde alle Infos zu jener Baumaßnahme hätten, die uns die nächsten eineinhalb Jahre beschäftigen wird.

Ina Zimmermann (CDU), Gemeindebürgermeister Salzatal

Doch der Reihe nach: Dass das nach Angaben der Gemeinde seit zehn Jahren geplante Bauvorhaben um die Trinkwasserversorgung und Entwässerung in der "Alten Halleschen Straße" endlich los geht, das ist bei einer Bauanlaufberatung vergangene Woche vom Wasser- und Abwasserzweckverband Saalkreis mitgeteilt worden.

Verdeutlicht wurde dort auch, dass für die Baumaßnahmen in verschiedenen Etappen die "Alte Hallesche Straße" in Bennstedt gesperrt werden muss. Sie ist nicht nur eine Straße, die in ihren Verästelungen viele Anwohner zu ihren Häusern führt, sondern auch die zentrale Straße von der B80 aus Halle kommend in den Ort hinein. "Weil das alles wegen die Sperrung durch die Baustelle nicht mehr funktioniert, muss eine provisorische Baustraße über drei Äcker gelegt werden", erzählt Bürgermeisterin Ina Zimmermann und ergänzt: "Die Besitzer der Äcker haben dieser Maßnahme noch nicht zugestimmt".

Denselben Kenntnisstand haben auch Ortsbürgermeister Uhlmann und Stellvertreterin Mutschler-Mittmann in Bennstedt. "Die Eigentümer sind noch nicht ausfindig gemacht worden. Und so lange die ihre Zustimmung nicht gegeben haben, kann man auch keine Behelfsstraße über die Ackerflächen legen, bauen oder sperren", so Mutschler-Mittmann.

WAZV Saalekreis schmallippig

Telefonisch erreicht MDR-SACHSEN-ANHALT die zuständige Mitarbeiterin beim WAZV Saalkreis. Auf die Frage, ob die drei Genehmigungen der Acker-Besitzer vorliegen, antwortet sie mit einem schmalen "Nö", gibt sich erstaunt über die Detailkenntnisse des MDR und verweist für weitere Presse-Auskünfte an einen Kollegen. Zu diesem soll MDR SACHSEN-ANHALT durchgestellt werden, nach kurzer Zeit ertönt aber das Belegtzeichen. Weitere Kontaktaufnahmen, allein mit der Telefonzentrale des WAZV, werden nicht beantwortet.

Eine E-Mail mit den Fragen zur geplanten Baustelle an den betreffenden Mitarbeiter wird am frühen Abend von einer vom WAZV beauftragten PR-Agentur aus Berlin beantwortet. Darin heißt es, nach einem Amtshilfeersuchen an die Gemeinde Salzatal hätten die Adressen der Acker-Besitzer ermittelt werden können. "Zwischenzeitlich fehlt nur noch die Genehmigung eines Grundstückbesitzers", so der PR-Berater.

Dass die Baustelle trotzdem begonnen wurde, läge daran, dass es eine alternative Baustraßenführung in Betracht gezogen wurde, die eine Zustimmung des letzten Grundstückbesitzers obsolet werden ließe. Im Übrigen sei der Vorwurf, dass die Informationspolitik des WAZV ungünstig sei, "nicht nachvollziehbar". Verwiesen wird etwa auf eine ausführliche Veröffentlichung zum Bauvorhaben im Januar im Amtsblatt.

Stellvertretende Bürgermeisterin geschockt

Konfrontiert mit diesen Aussagen schütteln Antje Mutschler-Mittmann und Ina Zimmermann den Kopf. "Eine Alternativroute kenne ich nicht", sagt Zimmermann. "Noch nie gehört", antwortet Mutschler-Mittmann. Sie bliebe dabei: Das Projekt mittragen und etwa auch für Ernteausfälle der Ackerbesitzer finanziell aufkommen, das dürfe die Gemeinde. Die nötigen Informationen fürs eigene Haus und für die Bürger erwarten jedoch nicht.

Es sei "ein kleiner Schock" gewesen, als sie am Montag sehen musste, wie die Baustelle eingerichtet wurde, da es eigentlich hieß, dass die Baumaßnahmen noch nicht begönnen. Mit Kopfschütteln verweist sie dabei auch auf die auffälligen Baumschutzpalissaden. Einige der geschützten Bäume stehen weit von der Straße entfernt an einer eigens für die Baustelle eingerichteten Schulbus-Wendestelle.

Was die Busse mit den Bäumen zu tun hätten, sei ihr schleierhaft. Ihr Kollege Werner Uhlmann ergänzt: "Durch häufige Umplanungen der Baumaßnahme in den vergangenen zehn Jahren ist hier sowieso viel Geld verbrannt worden".

Laut PR-Agentur des WAZV soll nun am kommenden Montag die die Sperrung der Alten Halleschen Straße zwischen der Einmündung von der B80 und der Straße "An der Presse" beziehungsweise "Zum Feld" erfolgen. Parallel dazu soll unter halbseitiger Sperrung in einem anderen Abschnitt die Trinkwasserleitung ertüchtigt werden. Von all diesen Maßnahmen weiß der für Straßensperrungsgenehmigungen zuständige Saalekreis auf MDR-Anfrage nichts.

MDR (Marc Weyrich, Max Schörm)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 05. Juli 2023 | 16:30 Uhr

3 Kommentare

MDR-Team vor 45 Wochen

Hallo, der Abwasserverband als Bauherr braucht eine Genehmigung von den Besitzern der Äcker, über die die Behelf Straße geführt werden soll. Er benötigt auch eine Genehmigung zum sperren der Straße – und zwar vom Landkreis. So der Recherche stand. Grüße aus der Redaktion.

Erichs Rache vor 45 Wochen

Das war eine rhetorische Frage

Erichs Rache vor 45 Wochen

Wozu braucht der Abwasserzweckverband denn eine Genehmigung?

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