Smartphone mit geöffnetem Deutschlandticket
Bildrechte: IMAGO/Rolf Poss

Verkehrsministerkonferenz 49-Euro-Ticket: Ministerin Hüskens für automatische Preisanpassung

18. April 2024, 11:26 Uhr

Das Deutschlandticket wird ein Jahr alt – die Debatte um dessen Finanzierung ebenso. Er ist eines der Themen bei der Verkehrsministerkonferenz ab Mittwoch in Münster. Sachsen-Anhalts Ministerin Lydia Hüskens (FDP) kann sich vorstellen, dass der Preis für das als 49-Euro-Ticket eingeführte Angebot jährlich automatisch angepasst wird. Das würde auf regelmäßige Erhöhungen hinauslaufen – denn die Ticketeinnahmen decken bei weitem nicht die wachsenden Kosten.

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Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Hüskens spricht sich dafür aus, den Preis für das sogenannte Deutschlandticket automatisch jedes Jahr anzupassen. Vor Beginn der Verkehrsministerkonferenz in Münster sagte Hüskens MDR SACHSEN-ANHALT, sie könne sich vorstellen, die allgemeine Entwicklung der Verbraucherpreise als Maßstab heranzuziehen.

Lydia Hüskens
Ticketpreis dynamisieren und Diskussionen sparen – dafür ist Ministerin Hüskens. Bildrechte: IMAGO/Mike Schmidt

Damit wäre ein regelmäßiger fachlicher Austausch über die gebotene Preisanhebung nicht mehr erforderlich. "Wir müssen auch daran denken, den fachlichen Betreuungsaufwand für das Ticket in Grenzen zu halten" so Hüskens. Den Preis für das Deutschlandticket durch Subventionen stabil zu halten, hält die Ministerin nicht für sinnvoll. Ihren Vorschlag wolle sie bei der Konferenz vorstellen.

Bei dem aktuell sehr günstigen (Basis-)Preis für das Deutschlandticket halte ich es für durchaus zumutbar, sich hier künftig an der allgemeinen Preisentwicklung zu orientieren.

Lydia Hüskens (FDP), Infrastrukturministerin Sachsen-Anhalts

Die Beratungen der Verkehrsminister der Länder sollen bis Donnerstag laufen. Dabei geht es laut Tagesordnung auch um die grundsätzliche Finanzierung des ÖPNV – durch Aufstockung der Regionalisierungsmittel an die Länder, womit der Verkehr zu organisiert und zu bezahlt wird. Wegweisende Beschlüsse werden allerdings eher nicht erwartet. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lässt sich durch zwei Staatssekretäre vertreten – er ist Teil des Staatsbesuchs in China.

Steter Streit um die Finanzierung

Das Deutschlandticket war zum 1. Mai 2023 zum Preis von monatlich 49 Euro eingeführt worden, daher wird es auch 49-Euro-Ticket genannt. Dabei war jedoch stets von einem Einführungspreis die Rede. Bund und Länder zahlen bis 2025 pro Jahr zusammen drei Millionen Euro aus Steuermitteln, um die Verluste der Verkehrsbetriebe durch das Ticket auszugleichen. Für Streit sorgen seit 2024 Kosten, die damit nicht gedeckt sind – etwa durch Energie und Personal. Bei einem vorherigen Ministertreffen wurde beschlossen, den Preis für das Ticket in 2024 stabil zu halten, indem Finanzmittel aus dem Vorjahr als Ausgleich eingesetzt werden.

Verbraucherschützer fordern, am Preis für das Deutschlandticket nicht zu rütteln, um Fahrgäste auch langfristig in Bussen und Bahnen zu halten. "Bund und Länder müssen jetzt zu ihrem Versprechen stehen und den Preis stabil halten, mindestens bis zum Jahr 2030", so Vorständin Ramona Pop.

Millionen Pendler sparen durch das Deutschlandticket

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) spricht von mehr als elf Millionen verkauften Deutschlandticket-Abos. Nach VDV-Erhebungen macht die Verlagerung vom Auto auf die Bahn jedoch nur fünf Prozent aus. Demzufolge profitieren vor allem Pendler und Gelegenheitspendler vom vergleichsweise günstigen Monatsticket. Zusätzliche Rabatte sind etwa über Job-Tickets oder Schultickets möglich.

Mit dem Deutschlandticket, das nur im Abo und seit 2024 ausschließlich digital gekauft werden kann, können Fahrgäste für 49 Euro im Monat bundesweit alle Verkehrsmittel des öffentlichen Nahverkehrs nutzen. In Sachsen-Anhalt sind auch die touristischen Strecken der Wipperliese, der Dessau-Wörlitzer Eisenbahn sowie Harzer Schmalspurbahn (ausgenommen Brockenbahn) dafür freigegeben.

Infolgedessen hat die Nachfrage im Regionalverkehr der Bahn vor allem dort deutlich zugenommen, wo Fahrgäste weite Strecken zurücklegen und sich ICE- oder IC-Tickets sparen können. In Sachsen-Anhalt betrifft dies vor allem die Verbindungen Uelzen-Magdeburg, Stendal-Rathenow, Braunschweig-Burg und Magdeburg-Leipzig. Um die Kapazitäten auf einzelnen Strecken zu erhöhen, sind jedoch weitere Investitionen in Züge, Personal und Infrastruktur nötig. Vieles ist kurzfristig nicht umsetzbar. Auch kommunale Verkehrsbetriebe verzeichnen mehr Fahrgäste seit Einführung des 49-Euro-Tickets.

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Der Fahrgastverbund Pro Bahn kritisiert die unterschiedlichen Regelungen für das Deutschlandticket als Schulfahrkarte. Bildrechte: picture alliance/Felix Kästle/dpa

dpa, MDR (Max Hensch, Karin Roxer, André Plaul) | Erstmals veröffentlicht am 17.04.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. April 2024 | 05:00 Uhr

7 Kommentare

goffman vor 1 Wochen

Wie werden die „Verluste der Verkehrsbetriebe“ eigentlich berechnet? Die Differenz zwischen dem Preis der Einzelfahrkarte und dem Deutschlandticket summiert über alle Fahrten?
Höhere Kosten durch das Deutschlandticket sehe ich nicht. Die Züge und Busse fahren nicht häufiger, wohingegen Ticketverkauf und Kontrolle stark vereinfacht wurden.
Wie haben sich die Einnahmen der Verkehrsbetriebe verändert?
Wenn ich mir die Monatskarten in den Städten anschaue, dann ist das Deutschlandticket gar nicht so viel billiger. Dresden z.B. 81 €, 9-Uhr-Monatskarte 73 €. Das dürfte locker durch die Neukunden ausgeglichen werden, zumal viele Gelegenheitsfahrer von Einzelfahrkarten aus Bequemlichkeit umgestiegen sind und das Ticket vielleicht gar nicht jeden Monat in dem Maße nutzen.
Im ländlichen Raum ist die Einsparung durch das Ticket größer. Wenn man vom Umland nach Dresden reinpendelt, konnte die Monatskarte bis zu 211,- € betragen. Aber auch hier gibt es mehr Einnahmen durch mehr Abonnenten.

Kennichseer vor 1 Wochen

Nachtrag:
Mit dem 49 Euro-Ticket ist hier ein kleines Mäntelchen zur Beruhigung des grünen Gewissens einiger Stadtkinder ausgebreitet worden. Die Autoindustrie und Autobahnlobby wird es freuen.

Kennichseer vor 1 Wochen

Mit dem 49 Euro-Ticket wurde in Deutschland wieder einmal die schlechtmöglichste Lösung gefunden.
1. zu teuer: für 29 Euro wären deutlich mehr Bürger bereit gewesen, auf das eigene Auto zu verzichten
2. monatlich kündbares Abo: so etwas kann sich nur ein Auto-Lobbyist ausdenken oder ein ÖPNV-Hasser, in meinen Augen Schwachsinn, wenn ich das Ticket evtl. nur in drei nicht zusammenhängenden Monaten nutzen will oder kann
3. ÖPNV nutzt nur dort, wo er auch vorhanden ist, wenn jetzt über Kosten dikutiert wird, wird dieser auch nicht ein bischen ausgebaut. Wenn aber Bahnstrecken ständig auf der Kippe stehen oder aber gar nicht erst über eine Reaktivierung nachgedacht wird (Höllentalbahn, Max- und Moritz-Bahn und einige mehr) muß man nicht mehr dazu sagen.
4. Im Gegenzug über Führerscheinentzug für Senioren nachdenken, was machen Rentner auf dem Land? Ich denke da nur an Arztbesuch oder einkaufen gehen.

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