Klaus Iohannis
Der rumänische Staatschef Klaus Iohannis ist der Spitzenkandidat der liberal-konservativen PNL, die nun die neue Regierung in Bukarest stellen will. Bildrechte: imago images/Xinhua

Nach Misstrauensvotum Rumänien: Iohannis benennt neuen Premier

15. Oktober 2019, 22:39 Uhr

Im November stehen in Rumänien Präsidentschaftswahlen an, doch zuvor muss das rumänische Parlament eine neue Regierung finden, die die Wahlen organisieren soll. Gelingt das nicht oder patzt das neue Kabinett, könnte das Klaus Iohannis Wählerstimmen kosten. Er hofft, im November wieder zum Präsidenten gewählt zu werden.

Anfang Oktober hieß es in Rumänien, nichts ist absehbarer als der Wahlausgang bei den Präsidentschaftswahlen im November. Der amtierende Staatschef Klaus Iohannis liegt in den Umfragen deutlich vor der Konkurrenz, so dass er Ende November einen Wahlsieg einfahren könnte. Doch steht die Partei von Iohannis – die liberal-konservative PNL – vor der schwierigen Aufgabe einer Regierungsbildung, die auch dem Rumäniendeutschen deutlich Stimmen kosten könnte.

Wer soll neuer Premier in Rumänien werden?

Staatschef Klaus Iohannis hat am Dienstag PNL-Parteichef Ludovic Orban mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Beide Männer sind seit Jahren enge Parteifreunde, beide stammen aus Siebenbürgen. Regierungserfahrung hat Orban bereits als Transportminister gemacht: 2007 führte er ein Jahr lang das Ressort. Nun muss der 56-Jährige eine Regierungsmannschaft zusammenstellen, die im Parlament auch eine Mehrheit finden muss. Das wird eine heikle Angelegenheit, denn die oppositionelle PNL kommt im Parlament auf nur 20 Prozent aller Stimmen. Sie braucht also dringend Unterstützung von anderen Parteien.

Warum ist eine neue Regierung überhaupt nötig?

Die Opposition im Parlament hatte am 10. Oktober die sozialdemokratische PSD-Regierung von Premierministerin Viorica Dancila per Misstrauensvotum gestürzt. Dancila stand nicht nur beim politischen Gegner, sondern auch in der eigenen Partei in der Kritik, dem Regierungsposten fachlich nicht gewachsen zu sein. Im August hatte der Regierungspartner, die liberale ALDE, die Koalition aufgekündigt, die damit auch die Mehrheit im Parlament verlor. Seit Anfang 2017 hatten beide Parteien durch umstrittene Gesetze versucht, den Rechtsstaat in Rumänien auszuhebeln und den Anti-Korruptionskampf zu schwächen. Die fragwürdige Regierungspolitik sorgte für die größten Massenproteste seit der 1989er Revolution in Rumänien, ebenso gab es starke Kritik aus Brüssel.

Wann gibt es eine neue Regierung in Rumänien?

So vereint die sechs Oppositionsparteien im Parlament bei der Absetzung der PSD waren, so zerstritten sind sie nun, wer die neue Regierung stellen soll. Alle Opppositionsparteien sehen sich nun als Königsmacher. Sie entscheiden in den nächsten Tagen per Parlamentsvotum, ob sie Orbans Minderheitsregierung akzeptieren und unterstützen werden.

Warum gibt es nicht einfach Neuwahlen?

Wegen der schwierigen Mehrheitsbildung im Parlament wären Neuwahlen ziemlich naheliegend. Doch es gab sie noch nie in Rumänien, weil ihnen ein kompliziertes Verfahren vorausgeht und weil kein Parlamentarier vorzeitig sein Amt aufgeben will. Zudem dürfen im letzten halben Amtsjahr des Präsidenten keine Neuwahlen ausgerufen werden, um die Organisation der Präsidentschaftswahl nicht zu gefährden. Die Wahl steht in weniger als vier Wochen an. Die nächste reguläre Parlamentswahl wird ist im Herbst 2020 fällig.

Vor welchen Aufgaben steht die neue Regierung?

Die sozialdemokratische PSD hatte in ihrer Regierungszeit den Mindestlohn verdoppelt, die Beamten-Gehälter und Renten deutlich erhöht – alles Maßnahmen, die bis dato in Rumänien als nicht finanzierbar galten. Staatsbeamte und Rentner befürchten, dass die PNL das wieder einkassieren wird. Fest steht, dass die neue Regierung die Einnahmen erhöhen muss, um die Ausgaben auch weiter zu finanzieren. Es drohen Steuererhöhungen, die eine Regierung schnell unpopulär werden lassen.

Was hat all das mit der Präsidentenwahl zu tun?

Amtsinhaber Klaus Iohannis gilt als Favorit für die Präsidentschaftswahlen im November. In den Umfragen liegt er mit 20 bis 30 Prozentpunkten weit vor der Konkurrenz. Eigentlich müsste dem 60-jährigen Rumäniendeutschen die Wiederwahl sicher sein. Doch wenn die PNL, deren Spitzenkandidat er ist, nun mit der neuen Regierung patzt, könnte das auch Iohannis in Bedrängnis bringen. Dann besteht die Gefahr, dass ihn die Wähler dafür abstrafen. So absehbar die Präsidentschaftswahlen zu Monatsbeginn noch waren, jetzt ist beim Votum wieder Bewegung drin.

(amue, mediafax)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 10. Oktober 2019 | 16:16 Uhr

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