Ein halb gefüllter roter Einkaufskob steht auf Steinboden.
Durch die gestiegenen Kosten machen sich viele MDRfragt-Mitglieder Sorgen um ihre finanziellen Möglichkeiten. Bildrechte: IMAGO / Gottfried Czepluch

MDRfragt Acht von zehn befürchten Verlust ihres Lebensstandards

19. Oktober 2022, 05:00 Uhr

Energiekrise und Inflation sorgen bei den MDRfragt-Teilnehmern aktuell für viele Sorgenfalten auf der Stirn. Die überwiegende Mehrheit hat deshalb Angst, dass sich ihr derzeitiger Lebensstandard verschlechtert. Das ist das Ergebnis der aktuellen Befragung von MDRfragt, an der sich mehr als 28.000 Menschen aus ganz Mitteldeutschland beteiligt haben.

80 Prozent der MDRfragt-Mitglieder, die an der Befragung teilgenommen haben, befürchten, dass die aktuellen Entwicklungen den Verlust ihres bisherigen Lebensstandards bedeuten könnten. Ein knappes Fünftel ist diesbezüglich unbesorgt.

Ihre Sorgen drücken die MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer in den Kommentaren aus:

Wir haben 30 Jahre viel gearbeitet und uns kaum eine Pause gegönnt, um uns etwas Bleibendes aufzubauen. Jetzt sehen wir unseren Lebensstandard in Gefahr, weil die Wessis gegen Russland in den Krieg ziehen wollen.

Axel W., 58 Jahre, Jerichower Land

Ich werde langsam zum Vegetarier, weil ich mir Fleisch nicht mehr leisten kann. Ob ich mir eine Urlaubsreise nächstes Jahr leisten kann, steht in den Sternen.

Karin B., 54 Jahre, Stendal

Ich habe auch Sorgen um meine Finanzen, die sehr geschrumpft sind. Ich muss jeden Monat schauen, was ich mache. Kino, Essengehen ist finanziell schwerer geworden.

Stefan B., 55 Jahre, Magdeburg

Mir bereitet Sorge, den Lebensstandard zu halten. Wenn das nicht möglich ist, frage ich mich, woher die Motivation kommen soll, jeden Morgen aufzustehen und zu arbeiten. Dann kann man es auch lassen und Sozialhilfe beziehen.

Anja H., 36 Jahre, Sömmerda

Andere versuchen, gelassen zu bleiben bzw. können dem Thema auch etwas Positives abgewinnen:

Es ist wie es ist. In Krisen war es schon immer wichtig die Ruhe zu bewahren, Vorbereitungen zu treffen und sich mit den neuen Gegebenheiten zu arrangieren. Es gibt andere Länder, wo Menschen wirkliche katastrophale Probleme haben.

Alexandra H., 48 Jahre, Ilm-Kreis

Man lebt umsichtiger und ist noch hilfsbereiter. Das spürt man im Umkehrschluss. Man lebt entspannter und zufriedener.

Sandra R., 24 Jahre, Mittelsachsen

Die Verschendung muss ein Ende haben. Schon viele Jahre vorher habe ich das gesagt, immer weiter, schneller, höher - wo soll das noch hinführen? Auf Kosten der Natur haben wir gelebt.

Angelika R., 71 Jahre, Stendal

Größte Sorge sind die Finanzen

Vor allem was den Bereich Finanzen betrifft, machen sich viele MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer Sorgen.

  • So bereiten hohe Heizkosten- und Stromzahlungen sowie weitere mögliche Preisanstiege in verschiedenen Bereichen fast allen Sorgen.
  • Zudem macht sich die große Mehrheit Sorgen darüber, welche finanzielle Belastung durch die aktuellen Krisen auf die heranwachsende Generation zukommt.
  • Ein weiterer Punkt, der die Menschen umtreibt: mögliche weitere Sparmaßnahmen in öffentlichen Bereichen. Mehr als drei Viertel sind diesbezüglich besorgt.

Ebenfalls große Bedenken beim Thema Energieversorgung

Auch das Thema Energieversorgung bereitet der MDRfragt-Gemeinschaft Sorgen. Rund drei Viertel befürchten, dass Deutschland nicht ausreichend mit Gas versorgt werden könnte. Etwa zwei Drittel sorgen sich zudem vor Blackouts in den Wintermonaten, also großflächigen Stromausfällen.

Sorgen auch in der Arbeitswelt

Die aktuellen Krisen wirken sich auch auf die Arbeitssituation der MDRfragt-Teilnehmenden aus.

  • Rund ein Fünftel der Arbeitstätigen, die an der Befragung teilgenommen haben, hat aktuell Sorge, den Arbeitsplatz zu verlieren.
  • Zudem überlegen 16 Prozent in Anbetracht von Energiekrise und Preissteigerungen von sich aus, den Job zu wechseln, zum Beispiel in eine andere Branche oder um näher am Wohnort arbeiten zu können.
  • Neun Prozent sind aktuell in Kurzarbeit oder gehen davon aus, dass sie bald in Kurzarbeit kommen könnten.

Was ihnen konkret Sorgen macht, schreiben die erwerbstätigen MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer in den Kommentaren:

Ich arbeite in der Metallbranche. Zum einen ist die Auftragslage schlecht. Zum andern sind die Steigerungen für Energiepreise sehr bedrohlich. Für nächstes Jahr müssen noch neue Verträge (Strom u. Gas) mit dem Energieversorger geschlossen werden.

Mario M., 58 Jahre, Suhl

Mache mir als Geschäftsführer Sorgen, wie ich 170 Beschäftigte trotz enorm gestiegener Vorkosten halten kann.

Gunnar J., 45 Jahre, Saale-Orla-Kreis

Mein Mann könnte in Kurzarbeit kommen. Arbeitet in der Stahlindustrie.

Heike K., 40 Jahre, Meißen

Ich müsste für nächstes Jahr planen und kann es wie viele andere Unternehmen nicht. Die Kosten gehen bergauf, die Nachfrage bergab. Ich bin in der Landwirtschaft tätig. Entlastungen werden nach dem Gießkannenprinzip getätigt , wodurch es letztendlich zu noch mehr Wettbewerbsverzerrungen kommt.

Martina R., 57 Jahre, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Mehrheit unbesorgt hinsichtlich Verschärfung der Corona-Lage

Was das Thema Corona betrifft, zeigen sich die MDRfragt-Teilnehmenden weniger besorgt - die Mehrheit ist diesbezüglich unbesorgt. 43 Prozent macht die mögliche weitere Entwicklung in den kommenden Monaten dagegen schon Sorgen.

Geringes Vertrauen in Politik in aktueller Krisenzeit

Bei der deutlichen Mehrheit ist das Vertrauen in die Politik, in Energiekrise und Inflation die richtigen Entscheidungen zu treffen, eher gering oder nicht vorhanden. 13 Prozent haben dagegen großes Vertrauen.

Zwei Drittel hilft Reden beim Umgang mit Ängsten

Wir wollten von den Befragten auch wissen, was sie tun, wenn sie bemerken, dass Sorgen sie belasten.

  • Zwei Drittel suchen dann vor allem das Gespräch mit Freunden, Familie oder Kollegen.
  • Sich eine Ablenkung zu suchen, hilft der Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
  • Fast ebenso viele, wie sich bei Sorgen verstärkt zu dem jeweiligen Thema informieren, wenden sich in diesen Zeiten gezielt von den Medien ab und konsumieren weniger Nachrichten.
  • Vorsorge zu ergreifen und für Krisenzeiten vorzusorgen, hilft gut einem Drittel.
  • Ein Fünftel besucht Demonstrationen, wenn Sorgen sie belastet.

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Über diese Befragung Die Befragung vom 07.- 10.10.2022 stand unter der Überschrift:
Rekordinflation: War's das mit unserem Lebensstandard?

Insgesamt sind bei MDRfragt 62.783 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 10.10.2022, 15 Uhr).

28.357 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 339 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 4.362 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 12.194 Teilnehmende
65+: 11.462 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 14.594 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 6.931 (24 Prozent)
Thüringen: 6.832 (24 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 12.809 (45 Prozent)
Männlich: 15.476 (55 Prozent)
Divers: 72 (0,02 Prozent)

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Fakt ist | 17. Oktober 2022 | 22:10 Uhr