Pillen inb einer Hand
Wer braucht Nahrungsergänzungsmittel - und wer nicht? Mediziner raten davon ab, sich selbst zu therapieren. Bildrechte: IMAGO / imagebroker

Ernährung Gesund älter werden mit Nährstoff-Therapie?

30. Dezember 2023, 05:00 Uhr

Dass frisches Obst und Gemüse gesünder sind als Pommes und Schokolade, weiß mittlerweile jedes Kind. Doch brauche ich trotz gesunder Ernährung noch zusätzlich Mineralstoffe und Vitamine? Können wir bestimmte Krankheiten, Stress und unser Altern ausbremsen, wenn wir nur die richtigen Nährstoffe zuführen? Medizinerinnen und Mediziner sind sich uneins und die Verbraucher stehen ratlos daneben.

Die Frage, ob zugesetzte oder ergänzende Nähr- und Vitalstoffe für uns alle nötig sind, um gesund zu bleiben, führt unter anderem zu Jutta Müller. Die Professorin für Integrative Onkologie an der Universität Jena antwortet resolut: "Mit einer ausgewogenen, gesunden Ernährung haben wir eine ausreichende Versorgung bei fast allen sogenannten Mikro-Nährstoffen – also Vitamine, Spurenelemente, Mineralien."

Jedoch: Was ist "ausreichend"? Und was sind "fast alle"? Burkhard Jahn, Allgemeinmediziner in Schortens, schmunzelt: "Wir kriegen alles mit unserer Nahrung und das reicht zum Überleben. Aber das ist so Schulnote 4 bis 4 minus. Und mit Schulnote 4 minus möchte eigentlich keiner durchs Leben gehen."

Diagnostik aus Ärzte-Sicht wichtig

Burkhard Jahn ist nicht nur Arzt in der Praxis, er beschäftigt sich seit langem mit allgemeinen Gesundheitsproblemen. Er gibt Tipps, was man alles tun kann, um, wie er sagt, in einem guten Gesundheitszustand alt zu werden. Und er beschäftigt sich auch mit der möglichen Diagnostik, um herauszufinden, was den Patienten fehlt. Denn: "Wir haben sehr viel mit Menschen zu tun, die müde sind, die ausgepowert sind – auch jüngere Menschen im übrigen – und die haben oft selbst das Gefühl, als würde irgendetwas fehlen und fragen, können wir da mal gucken und das machen wir dann."

Ärztin: Nährstoffe können Zustand von Patienten verbessern

Eine Erfahrung, die auch Helena Orfanos-Boeckel in ihrer Berliner Praxis macht. Die Fachärztin für innere Medizin und Nephrologie hat jahrelang in der Klinik mit Krebs- und Dialysepatienten gearbeitet und dort gesehen, wie sich der Zustand der Patienten durch die Gabe hochdosierter Nährstoffe deutlich verbessert hat. In ihrer Privatpraxis suchen vor allem Frauen im mittleren Alter ihre Hilfe, die gesund leben, Sport treiben und trotzdem ihren Alltag nicht mehr auf die Reihe bekommen. Im Podcast "Naturally Good" erzählt sie: "Da habe ich dann beobachtet, dass auch wir Frauen gesund lebend, von Nährstoffen profitieren können. Vor allem das Gehirn, man schläft nicht mehr so gut, erholt sich nicht mehr so schnell."

Ein gesundes Verhalten reiche nicht aus, um gesund alt zu werden. Dafür gebe es viele Gründe wie Genetik, Epigenetik, Umwelt, Stress, Nährtstoffmangel und hormonelle Störungen. Orfanos-Boeckel ist davon überzeugt, dass man mit einer eingehenden Labordiagnostik die Entstehung von altersbedingten Stoffwechselerkrankungen sehen und mit einer Nährstofftherapie behandeln kann. "Der Trick ist, dass man tatsächlich mit höher dosierten Nährstoffen auch Stoffwechselerkrankungen, die uns im Alter irgendwann belästigen können, vielleicht nicht verhindern, aber hinauszögern kann."

Mit Vorsicht zu genießen: Hohe Dosis kann auch schaden

Medizinerinnen wie Jutta Müller vom Universitätsklinikum Jena bleiben skeptisch. Sie haben Angst, dass Patienten wahllos hochdosierte Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen. "Also in sehr hohen Dosen, wenn sie es einnehmen und runterschlucken, dann kann das erhebliche Magen-Beschwerden verursachen. Für unsere Tumorpatienten sagen wir ganz eindeutig: Vorsichtig! Unter der Krebstherapie setzen wir Oxidationsprozesse ein, um die Krebszellen abzutöten. Und wenn ich da Antioxidantien drauf gebe, zeigt sich, dass wir sehr viel mehr Rückfälle und sehr viel mehr Todesfälle haben."

Ärzte warnen vor Selbsttherapie

Auch Burkhard Jahn und Helena Orfanos-Boeckel raten dringend davon ab, sich selbst zu therapieren. Ihre Art der Nährstofftherapie ist eng an eine Labordiagnostik geknüpft. Per Blutuntersuchung stellt man fest, ob es einen Mangel gibt. Dann werden Vitamine und Mineralien verordnet, bis die Patienten gut eingestellt sind. Die Ärzte sehen die Nährstofftherapie als Ergänzung zur klassischen universitären Medizin, Sport- und Ernährungsmedizin mit dem Ziel, krankmachende Prozesse des Alterns zu bremsen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. Dezember 2023 | 06:00 Uhr

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