MDRfragt - Das Meinungsbarometer für Mitteldeutschland Unterschiede zwischen Ost und West werden für Mehrheit zu wenig betont

03. Oktober 2021, 05:00 Uhr

31 Jahre nach der Deutschen Einheit überwiegen nach wie vor die Unterschiede zwischen Ost und West - und diese werden in der öffentlichen Diskussion zu wenig betont. Dieser Meinung sind rund zwei Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer von MDRfragt. An der aktuellen Befragung zum Tag der Deutschen Einheit haben sich rund 25.000 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligt.

Zwischen Ost und West gibt es heute immer noch mehr, was das Land teilt als es eint - so denkt die Mehrheit der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer: Für 65 Prozent überwiegen 31 Jahre nach der Einheit die Unterschiede. Und diese unterschiedlichen Perspektiven werden für ebenfalls fast zwei Drittel (63 %) in der öffentlichen Diskussion zu wenig betont. Rund ein Fünftel (21 %) ist dagegen der Meinung, die Unterschiede werden zu stark betont.

Erstaunlicherweise sind es vor allem die Nachwendegenerationen, die der Ansicht sind, die unterschiedlichen Perspektiven werden zu wenig betont: 67 Prozent der nach der Wende Geborenen gaben dies in unserer Befragung an. Besonders auffällig ist hierbei der Unterschied zu den in den 80ern Geborenen, die zur Wende im Kindesalter waren: Hier findet zwar mit 56 Prozent immer noch mehr als die Hälfte, dass die Unterschiede zu wenig betont werden. Das sind allerdings deutlich weniger als in den Nachwendegenerationen.

An welchen Punkten die MDRfragt-Mitglieder die Unterschiede festmachen, haben uns einige in ihren Kommentaren geschrieben:

Die Löhne sind selbst noch nach 31 Jahren sehr, sehr ungerecht.

60-jährige Teilnehmerin aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen

Man merkt es auch daran, dass die ganzen großen Firmen ihren Sitz entweder in Berlin oder im Westen haben. Hier ist einfach nichts.

24-jährige Teilnehmerin aus dem Harz

Es wird oft ignoriert, dass Menschen in der DDR einen ganz persönlichen und individuellen Lebenslauf jenseits der Diktatur und der Stasi hatten! Die unterschiedlichen Sozialisationen werden nicht thematisiert!

47-jährige Teilnehmerin aus Gera

Die Ergebnisse anschauen und -hören

Claudia Reiser 2 min
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MDR FERNSEHEN So 03.10.2021 17:45Uhr 02:08 min

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Mehr als die Hälfte findet nicht, dass die Deutschen zu einer Nation zusammengewachsen sind

Die Deutschen sind seit der Deutschen Einheit nicht zu einer Nation zusammengewachsen, das finden 63 Prozent. Etwas mehr als ein Drittel (37 %) ist jedoch der Meinung, dass die Einheit geglückt ist – eine gesamtdeutsche Nation bislang entstanden ist.

Deutliche Mehrheit sieht Wende als positives Ereignis für Deutschland

Der Blick der MDRfragt-Gemeinschaft auf das historische Ereignis der Deutschen Einheit ist dennoch sehr positiv: 88 Prozent sehen dies so. Für elf Prozent war die Wende allerdings eher negativ für das Land.

Drei Viertel bewerten Wende persönlich als Chance

Wenn es um sie selbst bzw. um ihre Familie geht, sind die Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer etwas kritischer als in der Gesamtbewertung, aber auch hierbei empfindet die deutliche Mehrheit (76 %) die Wende persönlich als Chance. 20 Prozent verneinen das jedoch.

Viele MDRfragt-Mitglieder haben uns geschrieben, was für sie und ihre Familie ohne die Deutsche Einheit nicht möglich gewesen wäre. Hier einige der Antworten:

Ohne die Einheit gäbe es uns nicht. Wir sind eine Ost-West-Familie.

53-jähriger Teilnehmer aus Greiz

Wir haben unser in der DDR enteignetes Eigentum zurückerhalten.

75-jähriger Teilnehmer aus dem Landkreis Zwickau

Ich hätte aufgrund des religiösen Backgrounds nicht die Möglichkeit erhalten, das Abitur abzulegen, zu studieren und mich beruflich weiter zu entwickeln. Meine Eltern haben den Preis der Wende gezahlt über Arbeitslosigkeit und prekäre Arbeitsverhältnisse.

21-jährige Teilnehmerin aus Chemnitz

Die MDRfragt-Mitglieder, die in den 70ern geboren wurden und zur Wende Jugendliche oder junge Erwachsene waren, sehen die Deutsche Einheit persönlich am deutlichsten als Chance (83 %). Bei den Nachwendegenerationen sind es mit 64 Prozent deutlich weniger, aber immer noch die Mehrheit, die ein positives persönliches Fazit zieht.

Über diese Befragung Die Befragung vom 17.-24.09.2021 stand unter der Überschrift:

31 Jahre nach der Wende: geeintes Deutschland oder deutliche Unterschiede?

Insgesamt sind bei MDRfragt 47.505 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet (Stand 24.09.2021, 13 Uhr).

24.857 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Bezug zu Ostdeutschland:
Selbst zur Wende / in den 90ern überwiegend in Ostdeutschland gelebt: 94 Prozent
Familie zur Wende / in den 90ern überwiegend in Ostdeutschland gelebt: 94 Prozent
Zur Wende noch nicht geboren: 1 Prozent
Davon nach der Wendezeit in Ostdeutschland aufgewachsen: 92 Prozent

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 353 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 3.826 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 10.536 Teilnehmende
65+: 10.142 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 12.689 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 6.200 (25 Prozent)
Thüringen: 5.968 (24 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Männlich: 55 Prozent
Weiblich: 45 Prozent
Divers: 0,2 Prozent

Die Befragungen sind nicht repräsentativ, aber sie werden nach statistischen Merkmalen wie Geschlecht, Bildung und Alter gewichtet. Die Gewichtung ist eine Methode aus der Wissenschaft bei der es darum geht, die Befragungsergebnisse an die real existierenden Bedingungen anzupassen. Konkret heißt das, dass wir die Daten der Befragungsteilnehmer mit den statistischen Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgleichen.

Wenn also beispielsweise mehr Männer als Frauen abstimmen, werden die Antworten der Männer weniger stark, die Antworten der Frauen stärker gewichtet. Die Antworten verteilen sich dann am Ende so, wie es der tatsächlichen Verteilung von Männern und Frauen in der Bevölkerung Mitteldeutschlands entspricht.

Dabei unterstützt ein wissenschaftlicher Beirat das Team von "MDRfragt". Mit dem MDR Meinungsbarometer soll ein möglichst breites Stimmungsbild der Menschen in Mitteldeutschland eingefangen werden – mit möglichst vielen Teilnehmenden.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR extra: Tag der Deutschen Einheit | 03. Oktober 2021 | 17:45 Uhr