Ein Wassertropfen an einem alten Wasserhahn
Würden alle Menschen so leben wie in Deutschland, bräuchte es rein rechnersich die Ressourcen von drei Erden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Wolfram Steinberg

Erdüberlastungstag Deutschland hat natürliche Ressourcen für dieses Jahr aufgebraucht

02. Mai 2024, 13:28 Uhr

In Deutschland leben die Menschen seit Donnerstag ökologisch wieder auf Pump. Die ihnen zustehenden erneuerbaren Ressourcen der Erde sind für dieses Jahr verbraucht. Der deutsche Ethikrat hatte erst kürzlich angesichts des Klimawandels für politische Maßnahmen statt individuelle Verantwortung geworben.

In Deutschland verbrauchen die Menschen ab Donnerstag mehr natürliche Ressourcen als von der Erde in einem Jahr erneuert werden kann. Das ergeben Berechnungen des Global Footprint Network (GFN). Die Umweltorganisation Germanwatch kritisierte, Deutschland mache bis zum Jahresende ungefragt Schulden bei anderen: "bei Menschen im globalen Süden, die deutlich weniger verbrauchen als ihnen zustünde, sowie bei Kindern und nachfolgenden Generationen, die mit den Folgen der jahrzehntelangen Übernutzung umgehen müssen".

Grafik Erdüberlastungstag
Wo der Erdüberlastungstag 2024 liegen würde, wenn die ganze Welt so leben würde, wie diese Länder. Bildrechte: Global Footprint Network 2024, www.overshootday.org

Germanwatch: Ökologische Schuldenbremse notwendig

Germanwatch-Bildungsreferentin Aylin Lehnert forderte angesichts des deutschen Erdüberlastungstags, es brauche eine neue Schuldenbremse. Diese solle die Überlastung der Erde in den Blick nehmen. Würden alle Menschen so leben und wirtschaften wie in Deutschland, bräuchte es rein rechnerisch drei Erden. Germanwatch zufolge ist das zwar seit 2010 ein leichter Rückgang. Dieser ginge aber viel zu langsam.

Der globale Erdüberlastungstag war zuletzt für Anfang August errechnet worden. Gründe dafür sind ein hoher Energieverbrauch, ein steigender CO2-Ausstoß - insbesondere durch den Verkehrssektor - industrielle Tierhaltung und Umweltverschmutzung. Germanwatch verwies etwa auf den hohen Konsum von Fleisch und anderen tierischen Produkten in Deutschland. Rund 60 Prozent der Agrarfläche hierzulande werde für die Produktion für Futtermittel verwendet.

Landschaftsökologe: Nahrungsmittel ökologisch vernünftig produzieren

Zugleich betonte die Umweltorganisation, eine ressourcenschonende Ernährung erreiche man nicht allein mit Appellen. Es sei eine politische Aufgabe, nachhaltigere Gemeinschaftsverpflegung, etwa in Kantinen, sowie steuerliche Anreize für pflanzenbasierte Nahrungsmittel zu schaffen. Ebenso müssten gemeinsam mit den Landwirten gangbare Geschäftsmodelle entwickelt werden.

Auch der Landschaftsökologe Ralf Seppelt sprach sich bei MDR AKTUELL für eine nachhaltigere Produktion aus. Der Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sagte, dafür müssten die Rahmebedingungen geändert werden. Es könne sehr viel verbessert werden, wenn Möglichkeiten geschaffen würden, Nahrungsmittel ökologisch vernünftig zu produzieren. Das müsse entsprechend finanziert und von der EU subventioniert werden.

Ethikrat: Emissionsärmeres Handeln wird zum Teil staatlich eher verhindert

Die energiepolitische Expertin des katholischen Hilfswerks Misereor, Madeleine Wörner, forderte eine Energieproduktion vollständig aus erneuerbaren Energien. Zudem brauche es nachhaltige Mobilitäts- und Stadtkonzepte sowie internationale Klima- und Energiepartnerschaften. Bei der Europawahl am 9. Juni sollten die Menschen ein entsprechendes Signal an die Politik schicken, sagte Wörner.

Der Deutsche Ethikrat hatte zuletzt in einer Stellungnahme die Bedeutung von politischen Maßnahmen angesichts des Klimawandels betont. Es sei unangemessen, die Bewältigung des Klimawandels allein von den Individuen zu erwarten, hieß es. Emissionsärmeres Handeln werde dagegen durch die staatlich unterstützte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung in Teilen konterkariert und verlange in vielen Feldern immer noch "moralisches Heldentum".

KNA (rnm)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 02. Mai 2024 | 07:30 Uhr

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